Warum uns das 2017 wichtig war: Schon immer sterben Menschen auf der Flucht fern ihrer Heimat. So berichten die biblischen Texte des Alten Testaments davon, so bleiben die Todesopfer der Flucht auch heute ein mediales Thema, auch auf evangelisch.de. Doch weder Tote noch Flüchtlinge haben eine große Lobby in unserer Gesellschaft, schon gar nicht tote Flüchtlinge. Daher ist es notwendig, dass die evangelische Kirche hilft. Wie? Dem bin ich nachgegangen, da ich die Möglichkeit erhielt, auf der Friedhofsverwaltertagung der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e.V. 2017 "In der Fremde sterben – Was bedeutet die Migration von Geflüchteten für die Friedhöfe?" im Museum für Sepulkralkultur in Kassel darüber zu berichten. Dabei ist Hilfe, über religiöse Grenzen hinweg, ebenso wichtig wie gelebte Nächstenliebe für Tote in der Fremde.
Dieser Artikel wurde erstmals am 23. November 2017 veröffentlicht.
Der Tod in der Fremde ist in den Medien heute vor allem präsent, wenn es um die Opfer der Flucht geht; also um die Menschen, die beim Versuch, das Mittelmeer zu überqueren oder auf dem Landweg ihre Reise fortzusetzen, zu Tausenden ihr Leben verlieren. Wir alle haben das Bild des ertrunkenen dreijährigen syrischen Flüchtlingsjungen Aylan Kurdi vor Augen, dessen Leichnam nach dem Ertrinken an der türkischen Mittelmeerküste angeschwemmt wurde. Wir sehen das Kind tot, bekleidet, seine Schuhe noch an den Füßen, auf dem Bauch im nassen Sand liegend. Das Bild hat sehr viele Menschen bewegt. In Frankfurt, im Osthafen an einer Mainbrücke, setzten die Künstler Justus "Cor" Becker und O?uz ?en Anfang März 2016 die Geschehnisse in einem 120 Quadratmeter großem Graffitigemälde um, das allerdings Mitte März beschmiert wurde. Das veranlasste den Künstler O?uz ?en, Ende Juni 2016 ein anderes Bildthema zu wählen. Aylan wird nun lächelnd dargestellt, umgeben von Teddybären, die ihn vor den Wellen beschützen. Damit wird das Thema gleichsam zu einem "positiven" Ausgang und an ein "Ende" geführt. Die öffentliche Diskussion kam zur Ruhe, die Beschädigungen hörten auf.
Die Todesopfer der Flucht bleiben ein mediales Thema. Was aber passiert mit Geflüchteten, die bei uns in Deutschland sterben? Man könnte fast den Eindruck haben, dass zur medial vermittelten Willkommenskultur der Tod nicht so recht passen will. Dagmar Apel, Referentin für Migration und Integration und Pfarrerin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) vom Berliner Missionswerk – Ökumenisches Zentrum, erkennt einen Grund in der Fixierung auf das Leben, warum das Thema Tod und Trauer in unserer Gesellschaft keine große Rolle spielt, warum sich unsere Gesellschaft sehr schwer mit dem Tod tut. In der Bibel sagt Jesus: "Lass die Toten ihre Toten begraben (Lk 9,60)". Mit anderen Worten: Kümmert Euch um die Lebenden, das Leben ist wichtig. "Weil wir den Tod nicht wahrnehmen, ist es für uns Menschen schwer, das Leben zu schätzen", gibt Apel zu bedenken.
Kirchen können den Tod ins Leben holen
Weder Tote noch Flüchtlinge haben eine große Lobby in unserer Gesellschaft, schon gar nicht tote Flüchtlinge. Daher sind Institutionen und Organisationen notwendig, die sich verantwortlich sehen, die den öffentlichen Diskurs kanalisieren und seine Lenkung als ihre Aufgabe betrachten. Dies ist einerseits der Staat in Form seiner Kommunen und kommunalen Verwaltungen. Aber eine solche Institution ist auch die Kirche: die Evangelische Kirche in Deutschland, die Katholische Kirche in Deutschland und die anderen hier vertretenen Glaubensgemeinschaften. Die EKD hat einen Flüchtlingsbeauftragten eingesetzt. Einzelne Landeskirchen beschäftigen auf der Regionalebene auch Flüchtlingsseelsorger, die seelische Unterstützung in Notfällen anbieten können.
Denn Trauerbewältigung ist wichtig für die Integration der Menschen. Nur wer angemessen trauert, kann wieder neue Kraft schöpfen, die einem die Integration in einem fremden Land abverlangt. Dass die Trauer über den Verlust eines Menschen sowohl ein Beratungs- und Therapieinhalt bei den Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer als auch in psychosozialen Beratungsstellen sein solle, empfiehlt Ute Burbach-Tasso, Pressesprecherin der Diakonie Deutschland. Auch eine kollektive Trauer könne laut Dagmar Apel von der EKBO helfen, etwa wie sie durch die Schweigeminute auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag 2017 in Berlin gezeigt wurde und durch die einzelnen evangelischen und katholischen Kirchengemeinden der unterschiedlichen Landeskirchen und christlichen Konfessionen gefeierten Erinnerungsgottesdienste ausgedrückt wird.
In Deutschland gibt es drei sogenannte "Tage des Flüchtlings" im Jahr, die die Situation der Flüchtlinge betrachten. So findet am 19. Januar ein kirchlicher Gedenktag für Flüchtlinge und Migranten statt, am 20. Juni ist der von den Vereinten Nationen eingerichtete Weltflüchtlingstag und am 29. September wird der im Rahmen der Interkulturellen Woche stattfindende Tag des Flüchtlings unter dem Motto "Flüchtlingsrechte sind Menschenrechte" abgehalten. Die an diesen Tagen gefeierten Gottesdienste schaffen zusätzlich einen Raum für das Anzünden von Kerzen und Sprechen von Gebeten in Erinnerung an die Toten. Zusätzlich stehen die jeweiligen Pastorinnen und Pastoren für Seelsorgegespräche zur Verfügung.
Volker Rahn, Pressesprecher der evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), betrachtet den Tod innerhalb der evangelischen Kirche als nicht tabuisiert, im Gegenteil. Er sagt: "Das Thema Tod und Sterben ist ein beherrschendes Thema aller, die zu uns flüchten. Sie kommen ja teilweise selbst mit traumatischen Todeserfahrungen. Entsprechend wird es auch von allen, die mit Hilfesuchenden zu tun haben, thematisiert. Der Tod ist also kein Tabu-, sondern trauriges Alltagsthema in der Flüchtlingsarbeit. Sie bleiben ja auch bei uns verbunden mit den Menschen aus ihren Herkunftsländern, aus denen sie fast täglich Todesnachrichten hören. Nur: Das ist inzwischen ein vertiefendes Thema der professionellen Helfer in der zweiten Phase der Ankunft und eher kein Thema mehr der Ersthilfe in den Gemeinden."
Statistiken zeigen, dass vor allem gesunde Menschen, Familien und unbegleitete Jugendliche als Flüchtlinge nach Europa kommen. Ältere Flüchtlinge und Senioren, bei denen das Thema Krankheit und auch Tod eher in der öffentlichen Wahrnehmung seinen Platz hätte, können die Strapazen der Flucht nur zu einem sehr geringen Teil auf sich nehmen. Auf die Frage, welche Erfahrungen die evangelische Kirche bisher mit der Bestattung von Flüchtlingen macht, gibt es laut Manfred Rekowski, dem Flüchtlingsbeauftragen der EKD, bislang keine aussagekräftige Statistik. "Man kann davon ausgehen, dass geflüchtete Menschen bereits hier gestorben sind; es liegen uns jedoch noch keine Zahlen vor, und es sind noch keine konkreten Erfahrungen mit Sterbefällen erfasst", sagt er und ergänzt: "Dies wird sich zukünftig, je länger Menschen bleiben, sicher ändern."
Die Kirche ist für die Menschen da
Wie also positioniert sich die Evangelische Kirche in Deutschland zu Flüchtlingen, die auf ihrer Flucht fern ihrer Heimat hier im Land sterben? Hierbei kann man zwischen den Institutionen der EKD, wie der Diakonie, den Landeskirchen und ihren Beauftragten und der Basis der Gläubigen unterscheiden, also den örtlichen Gemeinden, den Pfarrerinnen und Pfarrern und den in der Flüchtlingshilfe engagierten Gemeindemitgliedern. Laut Ute Burbach-Tasso, Pressesprecherin der Diakonie Deutschland, haben die einzelnen Krankenhäuser, auch diakonische, und Sozialämter eigene Vorgehensweisen etabliert, um mit Todesfällen dieser Art umzugehen. Möglich sei, dass diakonische Werke in Absprache mit Sozialämtern und Migrationsfachdiensten in Todesfällen helfen. Angehörige könnten sich an die Migrationsfachdienste wenden. Allerdings kämen dort offenbar relativ wenige Fragen zum Thema Bestattung auf, dies betrifft sowohl Migranten, zum Beispiel ehemalige Gastarbeiter, als auch Flüchtlinge.
Die Perspektive der Katholischen Kirche fasst Matthias Kopp, Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, zusammen: "Für katholische Geflüchtete sind die Leitlinien hilfreich, die die deutschen Bischöfe in ihrem Wort 'Tote begraben und Trauernde trösten' (Die deutschen Bischöfe 81; 2005, aktualisiert 2017) formuliert haben. Für alle Fragen, die eine Bestattung betreffen, ist zunächst die jeweilige Territorialpfarrei Ansprechpartner. Sofern ein Testament vorliegt oder Angehörige in Deutschland leben beziehungsweise in der Heimat bekannt sind, sollen die Wünsche des Verstorbenen beziehungsweise der Angehörigen hinsichtlich des Begräbnisses soweit wie möglich berücksichtigt werden. Ob eine Rückführung des Verstorbenen in das Heimatland geschehen kann, lässt sich nur im Einzelfall entscheiden. Für die meisten aus politischen Gründen Geflüchteten ist das wohl eher keine Option. Wenn eine Bestattung in Deutschland erfolgt, prüfen die Territorialpfarreien, ob diese in einer bestimmten Sprache oder in einem bestimmten katholischen unierten Ritus erfolgen soll und ob es hierfür einen verfügbaren entsprechenden Seelsorger gibt." Für Angehörige anderer Religionen sieht er zuallererst die jeweiligen Glaubensgemeinschaften in der Verantwortung.
Geld für ein würdevolles Begräbnis
Insbesondere steht die Frage der Kostenübernahme im Raum, vor allem wenn der Wunsch besteht, im Land der Geburt bestattet zu werden. Grundsätzlich tragen die Angehörigen hier die finanzielle Last. Hinsichtlich der Bestattungskosten geht der Flüchtlingsbeauftragte der EKD grundsätzlich von einer Anfrage beim jeweils zuständigen Sozialamt aus, wenn kein Kontakt zu Angehörigen hergestellt werden konnte oder die Familien nicht in der Lage sind, die Bestattungskosten zu übernehmen. In der Regel kommen die Kommunen bei einem Bestattungsfall auf. "Eine Sozialbestattung bedeutet, dass die Kosten für eine Bestattung von dem für den Sterbeort zuständigen Sozialamt übernommen werden", informiert Stefanie Schneider, Pressesprecherin vom Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie in Mainz. Und in Bayern heißt es zur Rechtslage von Flüchtlingen: "Vielmehr ist die Gemeinde zuständig, in deren Gebiet ein Flüchtling verstirbt oder tot aufgefunden wird. Diese muss, wenn eine ordnungsgemäße Bestattung nicht anderweitig sichergestellt ist, die Bestattung auf ihrem Gemeindefriedhof zulassen. Sind keine Angehörigen vorhanden oder ermittelbar, muss sie selbst für die Bestattung sorgen (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BestG)."
André Rieb vom hessischen Regierungspräsidium Gießen, Abteilungsbüro Abteilung VII – Flüchtlingsangelegenheiten, Erstaufnahmeeinrichtung und Integration rät, dass sich Angehörige eines verstorbenen Flüchtlings bei einem Todesfall zuerst an die Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Gießen wenden sollen, die alle nötigen Schritte einleiten. Er teilt mit: "Auch Trauerbegleitung und Kontakt zum Bestattungsunternehmen werden von erfahrenen Sozialarbeitern oder Mitarbeitern des Regierungspräsidiums Gießen übernommen beziehungsweise veranlasst. Sofern es keine Hinterbliebenen gibt, wird entsprechend der Religionszugehörigkeit bestattet. Sofern die Hinterbliebenen in einer Erstaufnahmeeinrichtung wohnen und nicht über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügen, übernimmt das Land Hessen die Kosten einer Erd- oder Feuerbestattung nach dem ortsüblichen Satz eines Sozialbegräbnisses auf dem nächstgelegenen Friedhof. Die Einzelheiten werden von den Sozialarbeitern in den Einrichtungen organisiert und in die Wege geleitet. Eine Überführung ist möglich, wenn die Angehörigen dies wünschen. Diese Kosten können allerdings nicht vom Land Hessen übernommen werden." Dominik Ehrentraut, stellvertretender Pressesprecher des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in Berlin, sagt: "Übernahmefähig sind nur die Kosten für eine menschenwürdige Bestattung einfacher Art, nicht hingegen Kosten für die Überführung in das Heimatland, Todesanzeigen, Danksagungen oder für die Trauerfeier."
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Es zeigen sich aber auch einzelne Fälle besonderer Solidarität. So wurden im Rahmen einer Trauerfeier im niedersächsischen Dörverden-Westen Spenden für eine Überführung des Leichnams eines 24-jährigen Eritreers zu seiner in Äthiopien lebenden Familie gesammelt. Der 24-jährige Flüchtling war im April 2015 in einer Verdener Diskothek schwer verletzt worden und starb in einer Klinik in Bremen. "Zunächst habe man überhaupt keine Kontakte zu Angehörigen herstellen können. Dann wurde die Tante ausfindig gemacht, die dann selbst nach Westen kam. Es musste ein Bestatter gefunden werden, der die Überführung ins Ausland vornehmen konnte, und diverse Gespräche mit Botschaften mussten geführt werden", schreibt die Kreiszeitung am 7. August 2017. Die Mutter des toten Flüchtlings sei dankbar, weil sie so die Möglichkeit bekam, angemessen und würdevoll Abschied von ihrem Sohn zu nehmen. Ein weiteres Beispiel besonderer Solidarität ist der Fall eines afrikanischen Flüchtlings im Gebiet der EKBO, der sich aufgrund schwerer Depressionen das Leben nahm. Die Kosten für die Rückführung des Leichnams wurden durch die Landeskirche teilweise übernommen. Dagmar Apel von der EKBO erzählt, dass dies erst nach längerer Diskussion durchzusetzen war. Sie findet wichtig, dass ein Mensch dort beigesetzt wird, wo er gelebt hat, wo er glücklich war. Die Achtsamkeit in der Durchführung der Bestattung sei auch ein Zeichen für Angehörige und Pflegende, dass wir Menschen den Tod achten. "Es ist wichtig, dass wir Sensibilität und Unterstützung zeigen. Indem wir die Toten ehren, ehren wir auch die Lebenden", sagt Apel.
Engagement und Solidarität in den Gemeinden
Wann erfährt die Öffentlichkeit, wenn in Deutschland Flüchtlinge sterben? Journalistisch berichtet werden Fälle von Gewalt. Und Todesfälle dieser Art bewegen auch evangelische Gemeinden vor Ort. Denn kirchliches Engagement findet neben den Institutionen vor allem auf der Gemeindeebene statt. Hier sind es die dramatischen Einzelfälle von zu Tode gekommen Schutzsuchenden, die öffentlich wahrgenommen werden und zum Handeln bewegen. In der Silvesternacht 2016/17 wurde der 15-jährige Syrer Odai K. in Bremen-Lüssum in einem Partyraum eines Lokals von drei Angreifern totgeschlagen. Pastorin Ulrike Florian aus Lüssum, sagt, dass sich ihre evangelische Gemeinde für die Flüchtlinge vor Ort engagiert. Die Pfarrerin stellt aber auch klar, dass sie bei Flüchtlingsbestattungen allerdings bislang nicht um Hilfe gebeten werden. Generell hätte Florian sich bereits schon vor dem gewaltsamen Tod von Odai ein deutlicheres Engagement und einen Schulterschluss mit den muslimischen Gemeinden gewünscht. Im Todesfall von Odai K. haben sich die muslimischen Gemeinden um die Bestattung gekümmert. Der Tod des Jungen hat die Pastorin sehr bewegt. "Ich hätte darüber nicht schweigen können", schlussfolgert Pastorin Ulrike Florian. Im evangelischen Gottesdienst der Gemeinde wurde mehrfach, zum Beispiel in der Predigt und in den Fürbitten, an Odai erinnert. Der Todesfall war in der Gemeinde Thema und vor allem auch im evangelischen Kindergarten, den auch einer der Täter besucht hatte und nun Kinder der Täterfamilien besuchten. "Für uns ist wichtig zu verdeutlichen, dass wir keine Unterschiede zwischen den Menschen machen. Wir wollen auch keine Unterschiede machen zwischen Kindern von Tätern und Kindern von Opfern", sagt die Pastorin. Im Rahmen des Elternabends des Kindergartens bietet sie den Eltern der meist Arabisch sprechenden Flüchtlingsfamilien generelle seelsorgerische Hilfe an. Angehörigen aller Religionen seien zudem beim evangelischen Gottesdienst herzlich willkommen.
Aber auch die kirchlichen Amtsinhaber und die sich engagierenden Gemeindemitglieder werden manchmal an die Grenze ihrer Möglichkeiten und an die Grenzen ihrer seelischen Belastbarkeit geführt. Zumindest auf der organisatorischen Ebene können Pfarrer, Seelsorgerinnen und Ehrenamtliche durch Stellen der EKD, wie durch die Beauftragten der Landeskirchen für Interkulturelle Arbeit und durch die Islam-Beauftragten, Informationen und Hilfe für ihr Anliegen erhalten.
Die Kirche als Vermittlerin
Für den Flüchtlingsbeauftragen der EKD, Manfred Rekowski, ist die Frage zentral, an wen sich die Betroffenen in einem Bestattungsfall vor Ort wenden sollen. Hier sieht er die Pfarrerinnen und Pfarrer als erste Anlaufstelle: "Sie können Vermittlungsdienste leisten, falls nicht ohnehin schon Kontakt zur Gemeinde besteht, zum Beispiel durch einen Unterstützerkreis für Geflüchtete." Kirchliche Stellen und auch die Gemeinden vor Ort könnten, falls gewünscht, beratend zur Seite stehen und wiederum Kontakte zu Ämtern oder weiteren Verwaltungsstellen herstellen. Teilweise stelle sich die Frage nach einer religiösen Bestattung. Hier könne dann unterstützt werden, Zugang zu einer bestimmten zum Beispiel kirchlichen oder muslimischen Gemeinde zu finden, sagt Burbach-Tasso, Pressesprecherin der Diakonie Deutschland. Auch zur Vermeidung interreligiöser Missverständnisse, rät Rekowski, Flüchtlingsbeauftragter der EKD, müssten zunächst die religiösen und kulturellen Hintergründe des Verstorbenen geklärt werden. Auch hier gehe es vor allem um die Vermittlung und Herstellung von Kontakten, wobei Vertreter kirchlicher Institutionen und Kirchengemeinden aktiv werden können, Kontakte zur Familie oder zu Freunden des oder der Verstorbenen oder aber auch zu Religionsvertretern der jeweiligen Glaubensrichtung herzustellen. Hier würden auch die Islam- oder Weltanschauungsbeauftragen der Landeskirchen helfen, sagt Rekowski.
Auch Volker Rahn von der EKHN sieht ein gut gespanntes, speziell auf Flüchtlinge abgestimmtes, teilweise professionelles Netz in der Betreuung. Er sagt: "Hier hat der Tod seinen Platz. Das Zauberwort ist hier Kultursensibilität. Die ist aber nichts Neues. Beispielsweise ist sie Alltag in der ökumenischen Notfallseelsorge. Dort gehört es zur Grundausbildung, beispielsweise muslimische Rituale zu kennen und auch die besonderen geschlechtlichen Sensibilitäten im Todesfall. Möglichst geht eine Frau zu einer Frau und ein Mann zu einem Mann, wenn eine Todesnachricht überbracht werden muss. Dann kann man sich nämlich auch mal in den Arm nehmen. Aber auch hier gilt: Sterbefälle unter Asylsuchenden bleiben die absolute Ausnahme."