Foto: Rowolth Verlag
"Vong Holyness her": Die Bibel in Internetsprache
Einige Medien bezeichnen ihn als den "neuen Luther". Der Berliner Satiriker Shahak Shapira hat Teile der Bibel neu übersetzt - in die im Internet bekannt gewordene "Vong-Sprache". Aber warum eigentlich? Und was halten Bibel-Experten davon?
09.10.2017
epd
Leonore Kratz

Wenn Shahak Shapira die Schöpfungsgeschichte erzählt, klingt das so: "Im Anfang war die Universe leer u schwarz wie 1 coke zero am bimsen, also buildete Gott 1 Earth u 1 Heaven. Aber die Earth war dark wie 1 Berghain u needete 1 Boss-Transformation..." "Gangesis" nennt der in Berlin lebende Satiriker das erste Kapitel seiner "Holygen Bimbel". Darin übersetzt der 29-jährige Israeli Teile des Alten und Neuen Testaments in die sogenannte Vong-Sprache, die sich seit etwa einem Jahr im Internet großer Beliebtheit erfreut. Wichtigste Merkmale: Mengen in Ziffern angeben, möglichst viele englische Wörter einstreuen und natürlich Sätze mit der Konstruktion "vong...her" bilden.

In Shapiras "Bimbel" gibt es nicht nur Anglizismen, dort finden sich auch ein Paar namens "Adolf und Eva", die Trilogie "Moses Begins" - "Moses Returns" - "Moses Rises" oder ein gewisser "Jesus Chrispus". Als das Buch im Sommer erschien, bezeichneten Medienberichte Shapira als "neuen Luther". Schließlich hat der Reformator Martin Luther (1483-1546) die Bibel in ein modernes Deutsch übersetzt und sie damit verständlich für jeden gemacht. Nur: Luther war Mönch und Theologe, Shapira ist Satiriker. Warum also sucht er sich ausgerechnet die Bibel für sein Projekt aus?

"Weil die Vong-Sprache die Sprache ist, die die Bibel verdient hat", sagt Shapira. Die Vong-Sprache sei eine lächerliche Sprache. Genauso lächerlich finde er es, wenn sich Menschen ein 2.000 Jahre altes Buch als Lebenskodex zum Vorbild nehmen. Die Geschichten seien unlogisch und könnten niemals so passiert sein, kritisiert er: "Es sind Geschichten, aber es ist keine Geschichte." Dass etwa eine Frau eine unbefleckte Empfängnis haben könne, hält er für "Bullshit". Bei aller Ablehnung, der Satiriker weiß genau, wovon er spricht: "Ich musste die Bibel in der Schule in Israel lesen", erinnert er sich. Jeden Satz hätten sie als Schüler interpretieren müssen.

Die Bibel heißt hier "Bimbel"

Christoph Rösel ist Generalsekretär der Deutschen Bibelgesellschaft in Stuttgart. Er ist überzeugt: "Die Bimbel bekommen sicher Leute in die Hände, die nie zu einer Bibel aus unserem Haus greifen würden." Den Theologen fasziniert das Projekt von Shapira: "Ich finde es spannend, dass sich jemand auf diese Art und Weise mit der Bibel auseinandersetzt." Es zeige ihm, dass die biblischen Texte eine kulturelle Bedeutung hätten und für die Menschen noch heute relevant seien.

Die Bibel oder Teile von ihr sind in mehr als 3.200 Sprachen übersetzt, weiß Rösel. Die "Bimbel" sei für ihn allerdings weniger eine Übersetzung als eine freie Nacherzählung mit verschobenen Inhalten und Akzenten. Die neu interpretierten Geschichten von Adolf, Eva und Co. stören den Theologe nicht: "Die Bibel ist zwar ein heiliges Buch, aber trotzdem darf man sich damit auseinandersetzen." Einzig die Erzählung von der Geburt Jesu, die auf einem weg gelassenen Kondom basiert, gefällt ihm nicht: "Das ist eine eigenwillige Interpretation." Das Geheimnisvolle des Ereignisses ginge verloren und: "Gott erscheint sehr menschenähnlich."

Für Shapira ist das die einzig logische Konsequenz: "Da ich nicht an Gott glaube, kann ich ihn nur als Mensch beschreiben." Er gilt als kritischer Aktionskünstler: Erst kürzlich sprühte er aus Protest Hasskommentare vor die deutsche Twitter-Zentrale in Hamburg, die der Nachrichtendienst nicht gelöscht hatte. Seine Vong-Bibel hingegen sei keine gezielte Kritik an der evangelischen oder katholischen Kirche, sagt er. Mit seiner Übersetzung habe er andere Ziele verfolgt: "Meine Bibel ist viel einfacher zu lesen. Endlich mal eine Bibel, die Klartext spricht."