Heute ist der 11. Mai - und Deutschland kann beim zweiten Halbfinale des Eurovision Song Contests in Kiev endlich mitabstimmen. 18 Lieder bewerben sich um die verbliebenen zehn Startplätze im Finale am Samstag, für das der deutsche Beitrag von vornherein gesetzt war. Nichtdestotrotz darf sich heute Abend ziemlich am Ende der Sendung die sympathische Levina im kurzen Gespräch schon mal präsentieren, außerdem wird ein Ausschnitt ihres ESC-Bühnenauftritts gezeigt. Ein belgischer Fan nannte das Leitmotiv "Fifty Shades of Grey", nicht wegen des Inhalts, sondern wegen der generellen Farbgebung, die Loriots breiten Katalog der Grau-Schattierungen sprengt. Für Samstag bleibt zu hoffen, dass sich der Rest von Europa von einer 1,81 Meter großen, blonden Schönheit aus Deutschland gern mal erklären lassen will, wie das perfekte Leben, also "Perfect Life", geht, während in manchen Ländern zum Beispiel die Arbeitslosenquote von Jugendlichen erschreckend und beschämend hoch ist. In der Tabelle ist Deutschland Erster, das kennt man ja vom ESC weniger.
Wenn man sich als Fan Fahnen auf die Wangen malen will, braucht man eher kein Grau und wenn man mich fragt, dann würde ich in diesem Jahr für diesen Zweck ausschließlich Grün, Rot und Weiß kaufen. Damit kriegt man Italien perfekt und Portugal ziemlich ordentlich hin, heute Abend ermöglicht diese Dreifarbigkeit die Unterstützung von drei sehr unterschiedlichen Liedern.
Da wäre als Erstes der Ungar Joci Pápai mit seinem "Origo". Wer jetzt denkt ‚Moment, das kommt mir Spanisch vor‘, der hat nicht ganz Recht. Es ist Latein und bedeutet Pi mal Daumen "Quelle" oder "Ursprung", genauer gesagt geht es um die kulturellen Wurzeln des 35-Jährigen. Der Rest des äußerst lebendigen Liedes wird Gott sei Dank nicht in einer toten Sprache, sondern in Ungarisch und Romani gesungen, die Sprache der Roma wird bei uns oft Romanes genannt und ist in Deutschland eine anerkannte Minderheitensprache. Dass der Romani-sprachige Teil nicht übersetzt wird, liegt daran, dass es sich um "a Gypsy Exclamation", also etwa einen Zigeuner-Ausruf, handele, so ein Verantwortlicher des öffentlich-rechtlichen ungarischen Sender-Kooperation MTVA.
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Fest überzeugt, dass mit der Gott gegebenen Waffe Joci Pápais Stimme und Musikalität gemeint sind, kann man hierfür sehr gut abstimmen, auch wenn über die Gestik im transportierten Frauenbild beim Auftritt vielleicht nochmal genauer gesprochen werden müsste. Und Premier Viktor Orbán würde sich ja bestimmt auch freuen, wenn ihm ein Zigeuner das fahrende Volk der farbenfroh-schillernden Fans aus dem Eurovisions-Tross mit einem Sieg nach Budapest brächte.
Da kämen als Zweite Arzjom Lukjanenka und Ksenija Schuk als NAVIband aus Minsk, die zum ersten Mal die weißrussische Sprache auf die Eurovisions-Bühne bringen. Mit einer ansteckenden Fröhlichkeit, einer deutlich simpleren Choreographie als Italien und regelmäßig auftretenden Ausbrüchen von "Hey, hey" und "Heijajajahoh" träumt das einfache Liebeslied "The Story of My Life" von einem noch strahlenderen Leben in Zweisamkeit. Und Präsident Aljaksandr Lukaschenka würde sich bei einem weißrussischen Sieg bestimmt genau wie Viktor Orbán über einen ESC in seinem Land freuen.
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Zum Schluss gäbe es da noch Kristian Kostov aus Bulgarien. Der androgyne junge Mann könnte ein Sohn von Tatort-Kommissarin Lena Odenthal sein und ist tatsächlich der allererste Sänger beim ESC, der im 21. Jahrhundert geboren wurde. Sein Song "Beautiful Mess" stammt von einem skandinavisch-balkanesischen Komponisten-Texter-Kollektiv, das im selben Halbfinale auch für die Lieder aus Serbien und Mazedonien verantwortlich zeichnet. Der 17-jährige hatte in diesem Dreiklang wollte das größte Glück mit seinem Lied. Und das würde die in diesem Jahr beitragslosen Russen doch freuen, wenn ein gebürtiger Moskauer die Eurovision nach Bulgarien brächte.
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Außerdem heute Abend im zweiten Halbfinale dabei: unsere direkten Nachbarn aus den Niederlanden, Dänemark, Österreich und Schweiz, falls man Blockvoting anstrebt, man kann aber auch für die Beiträge prima anrufen, weil sie einfach gut sind. Aber Vorsicht: Wenn gejodelt wird und das jemandem gefällt, dann muss dieser sich nicht die Telefonnummer eines Alpenlandes merken, sondern für Rumänien anrufen. Den Workshop "Duett singen mit sich selbst" bringen die Kroaten imposant auf die Bühne, während sich die beiden Esten auf den Spuren von Romeo und Julia an gleicher Steller erst mal verlieren, dann aber wiederfinden. Ralph Siegel hat erneut ein Lied für San Marino geschrieben. Die Malteser schicken die kleine stimmgewaltige Schwester von Eurovisions-Ikone Fabrizio Faniello. Der Ire singt hoch, während sein Heißluftballon am Bühnenboden bleibt. Der Israeli bringt eine weitere Hymne auf das Leben aus dem Heiligen Land, bei der man trotz des englisches Textes zwischendurch recht genau hört, wo das Lied herkommt. Die Norweger nutzen mit Ausnahmegenehmigung in ihrem Lied erstmals vorher aufgenommene Stimmen beim Live-Auftritt. Als die Kroaten das 1999 gemacht hatten, waren es laut des englischsprachigen Wikipedia die Norweger, die sich darüber beschwerten. Bliebe noch Litauen, aber deren Flagge ist einfach nicht in den diesjährigen Trendfarben, sondern hat statt Weiß Gelb. Das macht zwar eine attraktive, außergewöhnliche Fahne, der litauische Beitrag ist allerdings nur außergewöhnlich, nicht wirklich attraktiv für viele der aktuellen Ukraine-Besucher.
Apropos Ukraine. Wer hören möchte, wie sich Europa auf Ukrainisch anhört, der sollte heute Abend unbedingt pünktlich den Fernseher einschalten. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben und der verpasst einen bisherigen Höhepunkt beim ESC Kiew.