Tölpel, der blaue Hund, ist der wohl treueste Wegbegleiter von Martin Luther
Foto: Stiftung Luthergedenkstätten Sachsen-Anhalt
Tölpel, der blaue Hund, ist der wohl treueste Wegbegleiter von Martin Luther
Martin auf den Fersen, Tölpel bei Fuß
Mitmachaktion für Kinder ergänzt Nationale Sonderausstellung in Wittenberg
Die Reise in die Vergangenheit beginnt in der U-Bahn. Ein Reporter von N95 interviewt einen wichtigen Augenzeugen, sein Name ist Tölpel. Tölpels Fell ist blau. Ungewöhnlich für einen Hund? Aber er ist ja nicht irgendein Hund, sondern der wohl treueste Weggefährte des Reformators Martin Luther (1483-1546).
11.05.2017
epd
Christina Özlem Geisler

Als die U-Bahn hält, schreiben wir den 31. Oktober 1517. Und wie sich hinter dem Vorhang die geschäftigste Straße der Wittenberger Altstadt auftut, beweist der blaue Vierbeiner, dass er alles andere ist als ein Tölpel. Denn er weiß ziemlich viel über sein Herrchen und diese besondere Aktion, von der alle sagen werden: "Der Mönch war's!"

Auf den rund 250 Quadratmetern der gleichnamigen Mitmachausstellung geht es zunächst um den Alltag an jenem so gar nicht alltäglichen Datum anno 1517. Da sind die Gewerbe: der Bäcker, der seine Brote streckt, um mehr zu verdienen, die Apotheke mit den Kräutern zum Schnuppern, Marktstände zum Feilbieten von Münzen, das Haus des Scharfrichters oder der Laden des Barbier und Luther-Freundes Peter Beskendorf. "Wir versuchen hier, Luther in Wittenberg zu verorten", sagt Stefan Rhein, der Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt. "Wen kannte er? Welche Wege ist er wohl gegangen?"

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An der Universität war Luther ganz bestimmt, denn dort hat er gelehrt. "Hier ist das der Ort, an dem Themen wie Ablass, Thesen, Himmel und Hölle kindgerecht erklärt werden", sagt die Museumspädagogin Claudia Meißner. Wer mag, schreibt mit - stilecht mit Feder und Tinte. Vorbei am Frauenhaus, dem städtischen Bordell, geht es dann zum Schloss von Kurfürst Friedrich dem Weisen (1463-1525), in dessen Kleider die Zeitreisenden schlüpfen dürfen. Im Kloster hingegen erzählt Tölpel in eine Kutte gehüllt, was ein Mönch von früh bis spät so tut. "Der Martin", erklärt Tölpel, habe sich im Angesicht des Todes für das Leben als Mönch entschieden. "Eiskalte Zottelhaare bekomme ich, wenn ich an die Geschichte mit dem Gewitter denke, bei dem Martin glaubte, er stirbt vom Blitz getroffen."

Natürlich richte sich "Der Mönch war's!" in erster Linie an Kinder und Jugendliche, sagt Rhein. Aber Mitmachausstellungen böten einen anderen, einen interaktiven, sinnlichen Zugang zu nicht immer ganz leichten Themen. "Das spielerische Lernen ist nicht nur für kleine Kinder spannend. Und für Erwachsene ist es auch mal etwas anderes als das übliche Vorbeiflanieren an Exponaten."

Vielmehr kann es ein Vorbeireiten an der Geschichte Luthers und seiner Reformationsbewegung sein - und zwar auf den Pferden der Postkutschen. An der Thesentür angekommen, findet dort das eigene reformatorische Gedankengut in gestempelter und angeschlagener Form seinen Platz. Oder man nutzt den kostenfreien Postdienst, um seine Nachricht an einen realen Kontakt ins 21. Jahrhundert zu schicken.

Die Mitmachausstellung ergänzt die Nationale Sonderausstellung "Luther! 95 Schätze - 95 Menschen". Beide werden am Freitag eröffnet und sind zwei der Attraktionen im Wittenberger Reformationssommer. Begleitend zum Rundgang mit Hund Tölpel gibt es noch ein Sommerprogramm mit Extras wie dem Batiken von Textilien mit Blaubeeren, wie es schon Luthers Gattin Katharina von Bora (1499-1552) getan haben soll, erzählt Claudia Meißner. Oder dem Dechiffrieren von Geheimbotschaften und Drucken von Flugblättern. "Die Programme sind nach Altersgruppen gestaffelt. Wir fangen ganz klein an, so ab fünf Jahren sind Kinder schon zum Mitmachen geeignet", sagt Meißner.

Wer die Zeitreise beendet, findet vor dem Portal des Lutherhauses die Geschäftsstraße Wittenbergs im Jahr 2017 und erlebt so den Vorher-Nachher-Effekt. Bleibt nur noch die Frage, warum der Hund blau ist. "Für den Wiedererkennungswert an den verschiedenen Orten und als Zeichen, dass man in eine andere Welt eintritt", lautet die Erklärung der Pädagogin. "Wahrscheinlich ist er ins Tintenfass gefallen!", meint dagegen Stiftungsdirektor Rhein.