In Gottes eigenem Land
Foto: Landesbühnen Sachsen/Hagen König
Landesbühne Sachsen: mit Moritz Gabriel (links) und Gojko Mitic.
Theaterprojekt: "In Gottes eigenem Land"
Vor sechs Jahren rückt ein historischer Roman Heinrich Melchior Mühlenberg, den "Vater des amerikanischen Luthertums", neu in den Fokus. Nun weitet sich der Stoff zum Bühnenstück. Ein Ereignis für die Landesbühnen Sachsen und darüber hinaus in der protestantischen Welt diesseits und jenseits des Atlantiks.

Von 1741 an baut der 1711 in Einbeck geborene Heinrich Melchior Mühlenberg in Britisch-Nordamerika ein von politischer Macht unabhängiges lutherisches Kirchenwesen auf. Die riskante wie erfolgreiche Mission beschreibt der Autor Eberhard Görner in dem Buch "In Gottes eigenem Land". Am 29. April 2017 erlebt sein "historischer Roman" in einer von Olaf Hörbe dramatisierten Fassung seine Uraufführung im Theater Radebeul.

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm setzt sich schon im Februar 2015 für das Projekt ein. "In Gottes eigenem Land", betont der EKD-Ratsvorsitzende in einem Schreiben an die Landesbühnen Sachsen, sei eine künstlerische Sichtbarmachung geistesgeschichtlicher Netzwerke aus dem Gedankengut der Reformation. Für ihn ist das Stück, "in seiner Konzeption exemplarisch für die Vergegenwärtigung der internationalen Beziehungen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika". Es betreffe Wohl und Wehe der gesamten Zivilgesellschaft. Scott R. Riedmann, US-Generalkonsul in Leipzig, betont wenige Wochen später die sich so neu bietende "Chance des interkulturellen Dialogs". Das Vorhaben mache "das Fundament der gemeinsamen Grundfreiheiten und –werte bewusst. Zu denen zählt ebenso die Religions- und Glaubensfreiheit." Sein Brief ist an Monika Grütters in Berlin gerichtet. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien unterstützt das Projekt im Rahmen des Förderprogramms Reformationsjubiläum 2017 mit mehr als 100.000 Euro. Zuvor hat es der Deutsche Bundestag befürwortet.

"Viel Handlung, jede Menge Musik und lebendige Sprachen!", so stimmt Jane Taubert, die aus den USA stammende Referentin von Intendant Manuel Schöbel, auf die Produktion ein. Als der 31-jährige Mühlenberg in Pennsylvania die Entwicklung von tragfähigen Institutionen der lutherischen Kirche angeht, ahnt er wenig von der ihn erwartenden Kärrnerarbeit. Machtkämpfe zwischen unterschiedlichen religiösen Sekten, persönliche Entbehrungen, Unabhängigkeitskriege und die phantasiebesetzte Beziehung zu dem Delawaren-Häuptling "Fliegender Pfeil" bestimmen seinen Alltag. Prägend im Leben des Pastors und Reformers ist zudem die große Liebe zu seiner Frau, die ihm eine starke Partnerin ist. Elf Kinder gehen aus der Ehe hervor. Drei ihrer Söhne sind mit dem Aufbau der Demokratie in der "Neuen Welt" unmittelbar verbunden. In den USA sind sie bis heute ein Begriff.

Den so farbenprächtigen wie leidvollen Stoff hat der Autor Hörbe, auch Regisseur von diversen Theaterstücken nach Karl May, in ein vitales Szenario verwandelt, prall an Pionier- und Abenteurergeist. Ein Milieu, zu dem der deutsch-serbische Schauspieler Gojko Mitic ausgezeichnet passt. Wurde er einst als "Winnetou des Ostens" populär, gibt er jetzt den Indianer-Häuptling. Als Mühlenberg wird Moritz Gabriel zu erleben sein. Der aus Konstanz stammende Schauspieler gehört seit gut drei Jahren zum Ensemble der Landesbühnen Sachsen. Bühnenbild und Kostüme stammen von Tilo Staudte, dessen Handschrift zahlreiche Produktionen an Theatern in Sachsen und für die Festspiele in Bad Hersfeld und Bregenz aufweisen. Die Wucht des Stücks wird zudem durch die Kompositionen verstärkt, die Paul Heller, 1991 in Köthen/Anhalt geboren, den Protagonisten auf den Leib geschrieben hat. Das Leipziger Vokalquintett Ensemble Nobiles ist musikalischen Partner. "Das Ganze ist schon fast eine Oper", sagt Taubert auch nach den Eindrücken der Proben, die seit Wochen laufen.

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Erscheint all dies schon ziemlich vielversprechend, so könnte die dramatische Adaption von "In Gottes eigenem Land" alsbald ihrer Inszenierung wegen von sich reden machen. Sie hat Schöbel Damian Cruden anvertraut. Der schottische Vollblut-Theatermann, seit zwei Jahrzehnten künstlerischer Leiter des York Theatre Royal, hat in den letzten Jahren Erfahrungen mit dem Konzept "Community Players" sammeln können. Ein Clou, der aus ganzen Gemeinden lebendige Theaterschauplätze macht: Kunst entsteht für alle mit allen. Konkret agieren Laienakteure, in Crudens bisherigen Projekten bis zu 2.000, gemeinsam mit Profis. 50 spielende und 50 singende Laien, berichtet Taubert, werden zusammen mit 13 professionellen deutschen, amerikanischen und englischen Schauspielern das Stück von Hörbe/Görner aufführen. Monatelang wurden die Laienspieler auf ihre künstlerische Mitwirkung in Workshops und Proben vorzubereitet. Immerhin sollen sie mit den Profis wichtige Massenszenen der Inszenierung bestreiten und je nach Eignung auch kleinere Sprechrollen oder einen oder solistischen Part übernehmen. Für die Koordination des Trainingsprozesses gibt es mit Dirk Strobel einen eigenen "Community Organizer".

Radebeul hat gerade einmal 34.000 Einwohner. Mitwirkende kommen daher auch aus umliegenden Orten, speziell von Kirchenchören evangelischer Gemeinden in Meißen, Schönfeld, Großenhain. Rund 400 Zuschauern bietet der Saal in Radebeul Platz. Weitere 17 Aufführungen sind bis Anfang November 2017 terminiert, darunter in Meißen, Eisleben und Torgau. Einen besonderen Stellenwert werden die Aufführungen im Fokus des Reformationsjubiläums in Wittenberg/Lutherhaus (Amphitheater) am 2. und 3. September 2017 aufweisen. Längst geht im Übrigen der Blick der Theaterleute in Sachsen - wie damals  - an die amerikanische Ostküste. Wenigstens zwei Aufführungen des Mühlenberg-Dramas sollen dort zustande kommen. Taubert gibt sich zuversichtlich: "Das Projekt eignet sich hervorragend für den Austausch vieler, nicht zuletzt von Kirchenvertretern in Deutschland und den USA."