Garnisonkirche
Foto: epd-bild/Rolf Zoellner
Beim Luftangriff auf Potsdam am 14. April 1945 brannte das Innere des Kirchenschiffs und des Turms der Garnisonkirche aus.
Ziegelspenden und Stufenpatenschaften
In Potsdam wird der Baustart für den Garnisonkirchturm geplant
Der geplante Wiederaufbau des Potsdamer Garnisonkirchenturms sorgt weiter für Debatten: Das Gotteshaus sei ein NS-Ort gewesen, sagen die Gegner. Befürworter wollen das barocke Wahrzeichen der Stadt zurück. Der Wiederaufbau könnte im Herbst beginnen.

Stein auf Stein: Ganz klassisch soll es zugehen, wenn der Nachbau des Turms der 1945 zerstörten und 1968 abgerissenen Potsdamer Garnisonkirche gelingen sollte. Mehr als zweieinhalb Millionen Ziegelsteine werden dafür gebraucht. "Gut 20.000 davon werden sichtbar vermauert", sagt Wieland Eschenburg vom Vorstand der Garnisonkirchenstiftung. Dort könnten Unterstützer gegen eine Spende von 100 Euro auch ihre Namen verewigen.

Fast 3.400 Ziegelspenden hat die Stiftung bisher erhalten, sie lagern in Containern neben der provisorischen Kapelle am historischen Standort im Stadtzentrum. "Die Ziegel kommen aus Glindow", betont Eschenburg: "Das sind Produkte aus der Region."

Günther Jauch spendete 1,5 Millionen Euro

Mit Ziegelspenden, Stufenpatenschaften und persönlichen Sponsoren für weitere Bauelemente versucht die Stiftung, Geld für das Bauvorhaben einzuwerben. Rund 35 Millionen Euro soll der fast 90 Meter hohe Turm nach aktuellen Angaben der Stiftung kosten. Zunächst soll für 26 Millionen Euro ein erster Bauabschnitt ohne Schmuckelemente und Turmhaube errichtet werden.

Für die Aussichtsplattform hat Fernseh-Moderator Günther Jauch 1,5 Millionen Euro gespendet. Die mehr als 470 Stufen im Treppenhaus des Kirchturms sind für 2.500 bis 5.000 Euro zu haben. "Wir sind bei 92 Stufen, die Paten gefunden haben", sagt Eschenburg: "Wenn alles verpatet ist, werden es 1,8 Millionen Euro."

Die Stiftung möchte im Herbst mit den Bauarbeiten beginnen, ob es klappt, ist noch offen. Zwölf Millionen Euro dafür sollen vom Bund kommen, den Förderantrag will die Stiftung in Kürze einreichen. Doch trotz der fortschreitenden Planungen wird in Potsdam und nicht nur dort weiter heftig über das Bauvorhaben gestritten.

Die evangelische Martin-Niemöller-Stiftung und die Initiative "Christen brauchen keine Garnisonkirche" hatten Mitte März zu einer Tagung
über die einstige preußische Militärkirche nach Potsdam eingeladen. Die 1735 fertiggestellte Barockkirche sei als "Walhalla des preußischen Absolutismus" errichtet worden und habe der Rüstung zur "maximalen Gotteslästerung, dem Krieg" gedient, kritisierte dort der Publizist und studierte evangelische Theologe Christoph Dieckmann und nannte das Bauwerk eine "gotteslästerliche Bude". Andere Kritiker heben hervor, dass Hitler 1933 in der Kirche eine Regierungserklärung abgeben durfte.

Vom Kuratiumsvorsitzenden der Garnisonkirchenstiftung, Altbischof Wolfgang Huber, kam postwendend scharfe Kritik. "Mich erbost, dass diese Stiftung sich auf Martin Niemöller beruft", der einst wichtiger Repräsentant der NS-kritischen Bekennenden Kirche war, lautet seine Reaktion. Was an dem Ort wirklich geschehe und geschehen solle, interessiere die Gegner nicht.

Synode der Landeskirche beschloss Millionenkredit

Die Christen-Initiative habe die Stiftung nicht eingeladen, sagt Eschenburg. Und: "Die ganze Synode sitzt doch voller Christen, und diese Christen haben anders entschieden." Die Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hatte vor einem Jahr einen Millionenkredit für den Garnisonkirchturm beschlossen.

Was Potsdam über das Bauvorhaben denkt, weiß niemand genau, repräsentative Umfragen gibt es nicht. Das Stadtparlament unterstützt mehrheitlich den Wiederaufbau, im Bürgerhaushalt jedoch gehören Voten dagegen regelmäßig zu den großen Favoriten.

Die Gegner haben 2014 ein Bürgerbegehren gestartet, um ein Meinungsbild zu bekommen. In wenigen Wochen hat die Bürgerinitiative "Potsdam ohne Garnisonkirche" dabei mehr als 14.000 Einwohner auf ihrer Seite gehabt. Ein Bürgerentscheid, der danach ein wirklich verlässliches Stimmungsbild gebracht hätte, wurde vom Stadtparlament verhindert. Der Kirchturm sei ohnehin nicht nur Angelegenheit der Potsdamer, sagt Eschenburg: "Er ist ein Bauwerk von nationaler Bedeutung." Der Wiederaufbau dürfe deshalb nicht nur von der Stimmung in Potsdam abhängig gemacht werden.

Die Linke im Bundestag hat per Antrag versucht, die Bundesmittel zu streichen oder wenigstens bis zu einer überzeugenden Prüfung der Planungen sperren zu lassen. Die Koalition aus Union und SPD hat das bei der Abstimmung am Donnerstag verhindert.

Rein rechtlich bleibt der Stiftung für den Baustart noch Zeit. Nach der Bauordnung müssen die Arbeiten vor Ablauf der Baugenehmigung Mitte 2019 beginnen und ein Jahr danach beendet sein. Falls der Turm nicht fristgerecht fertig wird, könnten neue Baugenehmigungen für die noch ausstehenden Arbeiten beantragt werden, heißt es im märkischen Bauministerium.

Doch die Bauarbeiten sind nicht in zwölf Monaten zu schaffen. "Wir müssen dieses Jahr anfangen", sagt Eschenburg: "Wir werden den Turm in seiner vollendeten äußeren Schönheit bauen, Phase eins Nutzbarkeit, Phase zwei vollendete Schönheit."