Huhn
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Michael Lüft bietet mittlerweile 200 Hühner zum Mieten an
Herr der Hühner
Nicht nur zu Ostern beliebt: "Rent a Huhn"
Eier ausblasen und bemalen ist für viele Familien zu Ostern eine alte Tradition. Aber fast niemand möchte sich nur für diesen Spaß das ganze Jahr lang Hühner halten - muss man aber auch nicht. Denn es gibt einige Anbieter in Deutschland, die ihre Hühner wochenweise vermieten - frische Eier auf Zeit sozusagen. Michael Lüft aus dem südhessischen Seligenstadt ist einer von ihnen.

Das Auto ist gepackt, der Heimweg kann beginnen. Etwa eine Stunde dauert das - "kein Problem für die Hühner", sagt Michael Lüft. Er hat gerade einen kompletten Hühnerhof in einem Kofferraum verstaut: Fünf Hennen, Hühnerhaus, Legenest, Zaun, Wasser- und Futterautomat, Körner für zwei Wochen und Einstreu für das Nest. Lüft vermietet sein Federvieh.

"Rent a Huhn" heißt sein Angebot, das Schulen, Altenheime, Kindertagesstätten und Privatpersonen nutzen - 66 Euro kostet das für eine Woche und fünf Hühner. Wer sich über Ostern Hühner mietet, bekommt sogar die Ostereier frisch gelegt.

Vor vier Jahren, so erinnert sich Lüft, hatten ihn ein Großvater und dessen Enkel auf seinem Hühnerhof im südhessischen Seligenstadt besucht. 150 Hennen hatte Lüft damals, im Nebenerwerb verkaufte er Eier. Der fünfjährige Junge habe nicht so recht gewusst, wo die Eier herkommen. "Die Kinder denken ja, alles wächst im Supermarkt", erinnert sich Lüft amüsiert.

"Ich bringe dir mal ein paar Hühner vorbei."

Ohne groß nachzudenken, sagte er zu dem Jungen: "Ich bringe dir mal ein paar Hühner vorbei." Lüft hat das gleich wieder vergessen, der Junge aber nicht. Er erzählte seinem Vater davon, der wiederum zum Telefonhörer griff. "Er wollte tatsächlich Hühner für seinen Garten haben", berichtet Lüft. Also machte er sich an die Planung: baute ein Häuschen, einen Zaun und packte zusammen, was Hühner so brauchen.

Die Familie sei begeistert gewesen, erzählt Lüft - und eine Geschäftsidee war geboren. "Ich habe das erfunden", sagt Lüft selbstbewusst. Es gibt allerdings auch anderswo in Deutschland Hühner auf Zeit zu mieten, bei "Miete ein Huhn" in Achim bei Bremen zum Beispiel oder bei Familie Herrmann im baden-württembergischen Brackenheim.

Lüfts Hühner sind handzahm: Sie müssen zum Beispiel nicht in die Transportbox gezwungen werden, sondern hüpfen freiwillig rein

Auf Lüfts Hof gackern, scharren und picken rund 600 Hühner in ihren Gehegen. Platz ist da - der Vater hatte Schafe, Gänse und Enten auf einem rund 2.000 Quadratmeter großen Grundstück. Im Hofladen verkauft ein Mitarbeiter freitags und samstags Eier. Lüft selbst ist inzwischen die ganze Woche unterwegs.

Von Berlin bis zum Bodensee fährt der gelernte Schornsteinfegermeister, um seine Hühner abzuliefern. Im Schnitt bleiben fünf Tiere zwei Wochen an einem Ort und legen alle zusammen rund 40 Eier, bevor ihr Eigentümer sie wieder abholt oder die Mieter sie zurückbringen.

Im vergangenen Jahr hatte er 40 Häuschen, die er mit den Hühnern vermietet hat. Inzwischen sind es 55, und 200 seiner Hühner sind "Reisehühner". Die Ställe, in denen die Hennen übernachten, hat Lüft selbst gebaut - und zwar so, dass sie "ab Golfklasse aufwärts in jeden Pkw passen".

Irina Schülli, Leiterin des Altenpflegeheims Hofreite Eschborn bei Frankfurt, hatte für drei Wochen Hühner gemietet. Das kleine Gehege stand direkt an der Terrasse, erzählt sie: "Das war eine prima Sache." Die Bewohner des Heims hätten die Hühner stundenlang beobachtet, das Leben im Garten genossen und den beruhigenden Geräuschen zugehört.

Unterhaltungswert bei Hühnern hoch

Im Heim gibt es bereits einen Hund, Meerschweinchen und Vögel. "Der Unterhaltungswert ist bei den Hühnern aber größer", hat Schülli beobachtet. Sie hat sich deshalb entschieden, dauerhaft Hühner anzuschaffen.

In der Kindertagesstätte St. Laurentius in Mainz haben die Kinder den Seligenstädter Hühner gleich Namen gegeben. Pickie, Carolina und ihre drei Schwestern sind dort für vier Wochen eingezogen. Jede Woche war eine andere Kindergruppe an der Reihe, die Hühner zu versorgen, erzählt Kita-Mitarbeiterin Katja Ritzenhofen. "Wir sind jeden Morgen zum Misten gegangen, haben die Eier geholt und geschaut, ob genug Wasser und Futter da ist." Auch an den Wochenenden hätten sich Eltern und Kinder um die Tiere gekümmert. Die Kinder seien begeistert gewesen.

Die Hühner, die Lüft vermietet, sind alle handzahm. Wenn er seine Transportkiste ins Gehege stellt, hüpfen sie freiwillig rein. In den Umzugskarton, den Selbstabholer nutzen, muss er sie zwar reinsetzen, aber das geht ohne große Gegenwehr. Wie er die Tiere so zahm bekommt, erzählt er nicht. "Betriebsgeheimnis", sagt er.