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TV-Tipp: "Laim und die Zeichen des Todes" (ZDF)
3.4., ZDF, 20.15 Uhr: "Laim und die Zeichen des Todes“
Das ist selbst für öffentlich-rechtliche Verhältnisse eine ziemlich lange Zeit: 2011 hat das ZDF den ersten Krimi mit Max Simonischek als Lukas Laim gedreht ("Die Tote ohne Alibi"). Der Sohn von Peter Simonischek und Charlotte Schwab war kurz zuvor als Hauptdarsteller des RTL-Zweiteilers "Hindenburg" bekannt geworden und machte als dunkler Ritter, der in einem sehr cool gefilmten München ermittelte, Lust auf mehr.

Trotzdem sind nach der Ausstrahlung (2012) fünf Jahre bis zum zweiten Auftritt dieses ausgesprochen lässigen Ermittlers vergangen. Damals war die kühle Ästhetik, mit der Regisseur Michael Schneider und Kameramann Andreas Zickgraf die Geschichte erzählt haben, fürs ZDF noch ziemlich ungewöhnlich; heute fällt dieser Stil kaum noch aus dem Rahmen. Zu Laim passt sie allerdings nach wie vor ausgesprochen gut, selbst wenn die Figur nicht mehr so konsequent als einsamer Großstadtwolf inszeniert wird. Da sich Simonischek im Fernsehen eher rar macht, ist diese Haltung dennoch mehr als bloß eine Attitüde, zumal den Kommissar ohnehin eine düstere Aura umgibt: Dieser eher wortkarge Mann, zudem ein Hüne, steht in vielerlei Hinsicht über den Dingen.

Umso reizvoller ist die Idee, Laim ganz persönlich in den zweiten Fall hineinzuziehen (das Drehbuch stammt diesmal von Lisa van Brakel und Jörg von Schlebrügge). Die Geschichte ist ohnehin hochinteressant, denn sie beleuchtet ein Kapitel, mit dem sich gerade der unterhaltende Fernsehfilm bislang noch wenig befasst hat: Es geht um Immobilien und andere Güter, die den Juden in der Zeit des Nationalsozialismus gestohlen oder für einen Spottpreis abgekauft wurden. Untrennbar damit verbunden ist ein zweites Thema, das der Film zwar eher im Hintergrund behandelt, das aber an der Schnittstelle von Historie, Psychologie und Moral überaus faszinierend ist: Wie leben die jeweiligen Enkelgenerationen mit dem Erbe ihrer Vorfahren? Fühlen die einen so etwas wie eine vererbte Mitschuld? Betrachten sich die anderen als Opfer? Und lässt sich Unrecht mit Unrecht vergelten und solchermaßen in Recht verwandeln?

Clever sorgt das Drehbuch dafür, dass diese Fragen nicht nur für die Ermittlungen, sondern auch für die Ermittler eine Rolle spielen: Großvater Laim, ein Spediteur, hat als guter Freund Heinrich Himmlers sein Vermögen mit fragwürdigen Transporten aus dem Dachauer Konzentrationslager verdient. Laims neue Kollegin Fischer (Lavinia Wilson) wiederum ist Jüdin, mehrere Mitglieder ihrer Familie sind in Dachau gestorben. Als ein betuchter Grünwalder Notar ermordet wird und sich auf seiner Brust in blutroter Farbe die hebräischen Zeichen für Vergeltung finden, ahnt Laim noch nicht, dass ihn dieser Fall auch persönlich betrifft: Seine Mutter (Gisela Schneeberger) hat einen mit den gleichen Zeichen unterschriebenen Brief bekommen. Wenn sie nicht 80.000 Euro zahlt, machen die Erpresser publik, was sich ihr Vater während des "Dritten Reich" hat zu Schulden kommen lassen. Es sind noch weitere Briefe dieser Art verschickt worden, es gibt einen weiteren Mord; und dann erhält auch Laim eine Drohung.

Worin die Hauptschuld besteht, zeigt der 1938 spielende Prolog des Films: Vier Männer treffen sich mit einem fünften in einer Berghütte, um einen Vertrag zu besiegeln. Zum Schluss wird noch ein Foto gemacht, dann eilt der fünfte davon – und wird hinterrücks erschossen. Natürlich taucht das Gruppenbild in der Gegenwart immer wieder auf, und auch andere Aufnahmen spielen eine große Rolle; auf diese Weise gelingt es dem Film geschickt, Gegenwart und Vergangenheit miteinander zu verknüpfen. Bei einer weiteren Erzählebenen hat das nicht ganz so reibungslos funktioniert: Das erste Opfer war Mäzen eines Museums für jüdische Kunst, dessen Leiterin (Bibiana Beglau) nun in einem Zwiespalt steckt, als sich rausstellt, dass an dem gespendeten Geld gewissermaßen das Blut ihres Volkes klebt. Interessanter und mit ungleich konkreterem Bezug zu den Ereignissen sind die Auftritte von Fritz Karl als charismatischer Historiker Kammeyer, dessen Ausführungen über die Untaten der Nationalsozialisten mitreißende Geschichtsstunden sind; eine Saat, die offenbar bei einigen seiner Studierenden (darunter neben Rick Okon auch Morgane Ferru, ein interessantes neues Gesicht) tödliche Früchte trägt.

Obwohl "Laim und die Zeichen des Todes" alles mitbringt, um ähnlich zu fesseln wie Kammeyers Vorlesungen, fehlt dem Film eine gewisse Emotionalität, was nicht zuletzt an Simonischeks bewusst distanziertem Spiel liegt. Die Kombination mit Lavinia Wilson ist zwar reizvoll, zumal Laim und Fischer ein Verhältnis haben, aber Wilsons Rolle ist zu klein, um Laims Defizite auszugleichen. Vermutlich ist das der Grund, warum Gerhard Wittmann als Dritter im Ermittlerbund etwas mehr ins Zentrum gerückt ist; seine gelegentlichen Humoresken sind eine willkommene Abwechslung. Ansonsten ist die Optik elegant, die elektronische Musik (erneut Dirk Leupolz) passt perfekt zum coolen Duktus des Films, und diesmal werden wohl nicht erneut fünf Jahre bis zur nächsten Episode vergehen. Das ZDF begründet die lange Pause mit der Theaterarbeit des Hauptdarstellers; das Drehbuch für Laims dritten Fall wird derzeit entwickelt.