"Es sollte eine weibliche Heilige sein", sagt Gemeindereferentin Angela Köhler. Und eine Wissenschaftlerin. Im "Centre for Dialogue" will die Gemeinde mit der Uni Frankfurt den Austausch zwischen Wissenschaft und Glauben fördern. Eine Veranstaltung im Oktober über Edith Stein lehnt sich an ein berühmtes Zitat der Ordensfrau an: "Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht."
Sie wurde als jüngstes von elf Kindern einer jüdisch-orthodoxen Familie 1891 in Breslau geboren. Ihr Vater, ein Holzhändler, starb, als sie ein Jahr alt war. Die Mutter führte das Geschäft erfolgreich weiter und ermöglichte ihren Kindern ein Studium. Edith Stein ging schon früh eigene Wege. Sie brach die Schule mit 14 Jahren ab, kehrte mit 16 wieder zurück ans Lyzeum und legte 1911 ein glänzendes Abitur ab. Mit 14 hatte sie bereits bekannt, sie sei Atheistin.
Die Wahrheit glaubte sie in der Wissenschaft zu finden. Sie begann, an der Universität Breslau Germanistik, Geschichte und Philosophie zu studieren. Die philosophische Strömung der Phänomenologie zog sie an, in der es um das reine Bewusstsein von den Dingen ging, um die Betrachtung ohne vorherige Interpretation. 1913 wechselte Edith Stein zu deren Begründer Edmund Husserl an die Göttinger Universität.
Auf der Suche nach Wahrheit
Nach einem Einsatz als Sanitäterin im Ersten Weltkrieg wurde sie von Husserl 1916 in Freiburg mit einer Arbeit über das "Problem der Einfühlung" promoviert. Zwei Jahre blieb sie als wissenschaftliche Assistentin bei ihrem Doktorvater und transkribierte dessen Notizen. Viermal versuchte sie vergeblich, sich zu habilitieren. Ihre abgelehnte Arbeit über "Potenz und Akt" überarbeitete sie 1936 unter dem Titel "Ewiges und endliches Sein". Veröffentlich wurde dieses, ihr Hauptwerk, erst 1950.
Als Frau und Jüdin hatte Edith Stein keine Chance. "Husserl war grundsätzlich gegen die Habilitation von Frauen", sagt Beate Beckmann-Zöller, Leiterin der Edith Stein Gesellschaft in Speyer. Eher zufällig geriet Edith Stein 1921 an die Autobiografie der heiligen Teresa von Avila. "Das ist die Wahrheit", stand nun für sie fest. Was ihr vorher Husserl gewesen war, wurde ihr nun die spanische Mystikerin und Reform-Karmelitin aus dem 16. Jahrhundert. 1922 ließ sich Edith Stein katholisch taufen.
Als Deutschlehrerin ging sie zunächst an die Dominikanerinnenschule St. Magdalena in Speyer, siedelte dann nach Münster um, wo sie sich im katholischen Institut für wissenschaftliche Pädagogik auch mit Frauenemanzipation und Mädchenbildung beschäftigte. Schon als Studentin hatte sie sich im "Preußischen Verein für das Frauenstimmrecht" engagiert.
Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernahmen, wandte sich Edith Stein mit einem Brief an Papst Pius XI.: "Seit Wochen warten und hoffen nicht nur die Juden, sondern Tausende treuer Katholiken in Deutschland darauf, dass die Kirche Christi ihre Stimme erhebe, um diesem Missbrauch des Namens Christi Einhalt zu tun." Doch der Papst verhandelte gerade mit Hitler über das Reichskonkordat, einen Vertrag mit der NS-Regierung. Kurz darauf musste Edith Stein ihre Stelle in Münster aufgeben.
Sie trat ins Kloster ein, in den Karmel Maria vom Frieden in Köln. Mit Bezug auf ihr Vorbild Teresa von Avila und deren Mitstreiter Juan de la Cruz nahm sie den Namen Teresa Benedicta a Cruce an. Ihre ältere Schwester Rosa lebte seit 1936 als Gast im Karmel. Nach den Pogromen gegen Juden am 9. November 1938 siedelten die Schwestern in den Karmel von Echt in den Niederlanden um.
"Edith Stein ist keine Märtyrerin"
1940 besetzten die Nazis Holland, und das Kloster versuchte, die Schwestern in die Schweiz umzusiedeln. Die Einreiseerlaubnis kam nach einer ersten Ablehnung zu spät. Am 2. August 1942 wurden die Schwestern festgenommen. "Komm, wir gehen für unser Volk", soll Edith Stein zu Rosa gesagt haben.
Eine Woche später, am 9. August, wurden Edith und Rosa Stein in Auschwitz ermordet. Heute markiert dieses Datum im katholischen Kalender den Festtag der heiligen Edith Stein. Beckmann-Zöller: "Heiliggesprochen wurde sie 1998 für ihr tugendhaftes Leben, nicht als Märtyrerin."