Die Touristen drängen sich vor der Schlosskirche in Wittenberg am Ende der Altstadt. Ein Erinnerungsfoto von der weltberühmten Thesentür des Gotteshauses gehört für die meisten Gäste zu den Höhepunkten ihres Besuches in der Lutherstadt. Hier soll der Reformator Martin Luther (1483-1546) am 31. Oktober 1517 seine kirchenkritischen 95 Thesen angeschlagen haben. Nicht nur die Thesentür, die ganze Schlosskirche wurde mit Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 umfassend restauriert. Am 2. Oktober findet die festliche Wiedereinweihung des Gotteshauses statt.
Erwartet werden zum Gottesdienst unter anderen die dänische Königin Margrethe II., Bundespräsident Joachim Gauck und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Das Geschenk der Königin, ein besticktes, rotes Antependium - ein Altar-Behang - soll zu Beginn des Gottesdienstes feierlich enthüllt werden. Zentrales Motiv soll eine Lutherrose sein. Zwischen der dänischen Königsfamilie und Wittenberg gibt es seit der Reformation gute Beziehungen. Dänemark trat der Reformation 1536 bei.
Heutige Thesentür aus dem Jahr 1858
Die Liturgie gestalten der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, die mitteldeutsche Landesbischöfin Ilse Junkermann und die Direktorin des Predigerseminars Wittenberg, Hanna Kasparick. Die Predigt wird Kirchenpräsident Christian Schad aus Speyer halten. Der Kirchenraum bietet Platz für 400 Gäste, 200 davon sind allerdings für geladene Gäste reserviert.
Alternativ gibt es für Interessenten eine Übertragung des Gottesdienstes im Mitteldeutschen Rundfunk und vor Ort im Wittenberger Einkaufszentrum Arsenal. Dort sollen 120 Sitzplätze bereitstehen. Noch vor dem eigentlichen Gottesdienst tritt auch der Gospelchor der Schlosskirche im Arsenal auf.
Die Bauarbeiten an der Schlosskirche wurden bereits im Mai offiziell beendet. Seitdem kann das Gotteshaus bereits in neuem Glanz besichtigt werden. Auch Gottesdienste finden seit Juni wieder statt. Die heutige Gestaltung stammt aus der Zeit von 1883 bis 1892. Während des Siebenjährigen Krieges wurde die Kirche im Jahr 1760 fast komplett zerstört, es sollen nur die Außenmauern stehen geblieben sein. Auch die Original-Thesentür, die damals aus Holz war, ging verloren. Die heutige Thesentür an der nördlichen Außenwand der Kirche, die an den Thesenanschlag erinnert, ist aus Bronze und stammt aus dem Jahr 1858.
Allein die Restaurierung der Thesentür war sehr aufwändig. Über die Jahre immer wieder aufgetragene Ölschichten in Verbindung mit Staubablagerungen mussten mühevoll entfernt werden, so dass mittlerweile die grünliche Patina der Bronze wieder sichtbar ist. Beeindruckend ist aber auch die innere Gestaltung der Schlosskirche. Die mit einem dreidimensionalen Effekt an die Wände gemalten Vorhänge und die zahlreichen Wappen an den Brüstungen fallen beim Betreten des Gebäudes ins Auge.
In der Schlosskirche befinden sich auch die sterblichen Überreste von Luther und seinem Mitstreiter und Freund Philipp Melanchthon (1497-1560). Luther wurde vier Tage nach seinem Tod in Eisleben nahe der Kanzel in der Schlosskirche begraben. Sein Sarg befindet sich unzugänglich in zweieinhalb Meter Tiefe im Erdboden unter einer relativ unscheinbaren Grabplatte.
Das gesamte Areal mit dem angrenzenden Schloss soll schließlich bis zum Reformationsjubiläum fertiggestellt werden. Dort wird derzeit noch gearbeitet. Künftig sollen die Besucher auch durch ein Besucherzentrum in die Schlosskirche gelangen. Schloss und Schlosskirche verbindet eine neue Tür.
So können die Besucherströme besser gelenkt und mehr Informationen gegeben werden. Vor Beginn der dreijährigen Bauarbeiten besuchten immerhin jährlich rund 200.000 Touristen die Schlosskirche als Gedenkstätte der Reformation. Mit dem Reformationsjubiläum wird mit deutlich steigenden Besucherzahlen gerechnet, auch weit über das Jahr 2017 hinaus.