In seiner Amtszeit wirkte Kock als Moderator und Brückenbauer - sowohl zwischen den Interessen und Strömungen in der EKD als auch in der Ökumene und im Dialog zwischen den Kulturen und Religionen. Sein Auftreten kennzeichnet bis heute, was schon in den kirchlichen Spitzenämtern seine Stärke war: Er bezieht klar Stellung und wirkt zugleich doch gelassen, bedächtig und ausgleichend. Auch ohne die rhetorische Brillanz eines Wolfgang Huber oder das Charisma einer Margot Käßmann wusste Kock, die Medien zu nutzen.
Aus dem Tagesgeschäft seiner Kirche hält er sich heraus, nimmt aber im Zweifelsfall kein Blatt vor den Mund. So stellte er sich 2010 vor seine Amtsnachfolgerin Käßmann, die wegen ihrer Äußerungen zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr kritisiert wurde, verteidigte die liberale Haltung seiner Kirche gegenüber homosexuellen Pfarrern und nahm 2012 den Schriftsteller Günter Grass gegen den Vorwurf des Antisemitismus in Schutz.
Für eine Kirche, die sich solidarisch mit den Schwachen zeigt
Die Themen von Kocks Amtszeit sind nach wie vor aktuell: Ökumene, Christen und Juden, Krieg und Ungerechtigkeit, Bioethik und Sterbehilfe, Zuwanderung und Integration, Wandel des Sozialstaats. Die Grenzöffnung für die in Ungarn gestrandeten Flüchtlingen vor einem Jahr sei richtig gewesen, sagt der frühere Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland beim Gespräch in seinem Haus in Köln. Es hätte aber schneller erklärt werden müssen, dass dies eine humanitäre Ausnahme gewesen sei.
Probleme wie Flüchtlingswanderung und Terrorismus können nach Ansicht des Theologen nicht ohne mehr Gerechtigkeit in den weltweiten Wirtschaftsbeziehungen gelöst werden. Kock kritisiert eine "Vergötzung" von Geld und Macht und steht für eine Kirche, die sich solidarisch mit den Schwachen zeigt und in Gesellschaft und Politik für die Menschenwürde eintritt. Im Umgang mit dem sichtbaren Islam etwa durch Burka und Burkini rät er zu Gelassenheit: Die Diskussion darüber habe nichts mit realen Integrationsproblemen zu tun und schaffe erst Probleme.
Vom Beamtensohn zum EKD-Ratsvorsitzenden
Seinen Jugendwunsch, Menschen zu helfen, erfüllt sich Kock bis heute als Seelsorger - damals wollte er noch Arzt werden. Am liebsten spricht der Sohn eines Beamten aus dem münsterländischen Burgsteinfurt mit Menschen über den Glauben und ihre Zweifel. Auch künftig will er einmal im Monat einen Gottesdienst in einem Altenpflegeheim halten.
Theologie studierte der am 14. September 1936 geborene Kock in Bethel, Münster und Tübingen. Seine erste Pfarrstelle trat er 1962 in einer Bergarbeitergemeinde in Recklinghausen an. Er wechselte 1970 als Jugendpfarrer nach Köln, wo er sechs Jahre später Gemeindepfarrer wurde und 1988 an die Spitze des Stadtkirchenverbands rückte.
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In seinen letzten Dienstjahren verlangten ihm zwei Führungsämter alles ab: Als 1996 der damalige rheinische Präses Peter Beier plötzlich starb, wurde Kock zu seinem Nachfolger bestimmt. Knapp ein Jahr später machte der vermeintliche Übergangskandidat an der Spitze der zweitgrößten Landeskirche überraschend auch das Rennen bei der Wahl zum EKD-Ratsvorsitzenden, als er sich gegen Wolfgang Huber durchsetzte. Im Jahr 2003 trat er zunächst als rheinischer Präses und dann als höchster Repräsentant der deutschen Protestanten aus dem Rampenlicht.
Heute besucht Kock mit seiner Frau Gisela regelmäßig Ausstellungen, geht in die Oper und in Konzerte. Seine sechs Enkel drängen ihn, seine Kindheitserlebnisse aufzuschreiben. Ein schwerer Verlust war Anfang 2016 der Tod seines jüngsten Sohnes, der mit 48 Jahren an einem Tumor starb. Im Umgang damit halfen Kock seine Erfahrung als Seelsorger und sein Glaube. "Wir leben in einer zerbrechlichen Welt", sagt er. Aber wer sterbe, falle nicht ins Nichts, sondern in Gottes Hand.