Seit 2008 bereitet sich die evangelische Kirche auf das 500. Reformationsjubiläum vor. Seit Beginn der Reformationsdekade wird diskutiert, wie gefeiert werden soll: stolz oder auch demütig, nur unter Protestanten oder überkonfessionell, national oder international? In fünf Monaten geht das Festjahr los. Auftakt ist bereits am Reformationstag diesen Jahres. Heute stellten die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutsche Evangelische Kirchentag in Berlin ihre Pläne vor.
Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm betonte dabei, das Reformationsjubiläum könne nur ökumenisch als "Christusfest" gefeiert werden. "Wir werden alles tun, was wir können, um jegliche Form von Konfessionalismus zu überwinden", sagte Bedford-Strohm. Die Reformatoren hätten vor 500 Jahren keine neue Kirche gründen, sondern auf Christus hinweisen wollen. Unterschiede zwischen evangelisch und katholisch – zum Beispiel beim Abendmahl – hätten heute "keinen kirchentrennenden Charakter" mehr. Allerdings hätten die Konfessionen einander Wunden zugefügt, weshalb es wichtig sei, noch einmal feierlich "Es tut uns Leid" zu sagen. Das werde bei einem ökumenischen Gottesdienst am 31. Oktober im schwedischen Lund geschehen, den der Präsident des Lutherischen Weltbundes, Bischof Munib Younan, gemeinsam mit Papst Franziskus feiern werde. Er könne nicht ausschließen, dass der Papst im Reformationsjahr auch Deutschland besuche, sagte Bedford-Strohm.
Wie nah er die beiden großen Kirchen in Deutschland theologisch beieinander sieht, machte der bayerische Landesbischof anhand einer Parallele zu seinem katholischen Amtskollegen in München, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, deutlich: Zufällig hätten sie beide dasselbe Leitwort über ihr Bischofsamt gestellt, nämlich "Der Herr ist der Geist. Wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit" (2. Korinther 3,17). Luthers Lehre von der "Freiheit eines Christenmenschen" solle beim Reformationsjubiläum als "geistliche Grundierung und öffentliches Zeugnis" zum Ausdruck kommen, wünschte sich Bedford-Strohm.
Für den 36. Deutschen Evangelischen Kirchentag, der vom 24.-28. Mai 2017 in Berlin und Wittenberg gefeiert werden soll, erwartet dessen Präsidentin Christina Aus der Au Debatten darüber, was die Reformation 500 Jahre nach dem Thesenanschlag Luthers bedeutet. Sie rechnet mit Diskussionen über die Flüchtlingspolitik und das Erstarken rechtspopulistischer Strömungen im Vorfeld der Bundestagswahl. Die Schweizer Theologin Aus der Au wünscht sich ein "starkes Zeichen für Willkommen, Respekt und Miteinander" - und einen Anstoß für neue Ideen in der Kirche: "Reformation heißt mutiger Aufbruch und Abkehr von alten Gewohnheiten, die lebensfeindlich geworden sind."
Das Politische des Reformationsjubiläums wurde aber auch beim Blick auf das Wahljahr 2017 deutlich: So schloss Aus der Au nicht aus, dass auf den Podien des Kirchentags auch mit Vertretern der AfD geredet werde. Der Deutsche Evangelische Kirchentag werde Menschen nicht mit Etiketten versehen oder nach ihrem Parteibuch beurteilen, sondern als Menschen wahrnehmen und mit ihnen das Gespräch suchen. Die Projektleitung des Kirchentages werde die Gesprächspartner mit Augenmaß auswählen. "Da bin ich echt entspannt", sagte Aus der Au bei der Pressekonferenz in Berlin.
Logistik als Herausforderung
Zu der Frage, wie es gelingen solle, die erwarteten 140.000 Kirchentagsbesucher zum Abschlussgottesdienst nach Wittenberg zu transportieren, sagte Christina Aus der Au: "Ja, es ist eine riesige logistische Herausforderung." Der Kirchentag kooperiere mit der Deutschen Bahn und den Verkehrsunternehmen vor Ort. Aus Berlin und den Städten der "Kirchentage auf dem Weg" würden Shuttlezüge nach Wittenberg eingesetzt, aus Berlin sogar ab vier Uhr morgens im Zehn-Minuten-Takt. Für 200.000 Menschen stünden in Wittenberg Bus- und Auto-Parkplätze zur Verfügung. Auf der Wiese an der Elbe, wo der Abschlussgottesdienst des Kirchentages stattfinden soll, hätten 300.000 Menschen Platz, erwartet würden aber nur 200.000.
Auf die Finanzierung angesprochen, sagte Heinrich Bedford-Strohm: "Die Gesamtkosten des Reformationsjubiläums kann kein Mensch ermitteln." Die EKD rechne zurzeit mit Ausgaben von mehr als 20 Millionen Euro, von denen 17 Millionen als Umlage von den Landeskirchen gezahlt würden. "500 Jahre, das hat man wirklich nur einmal im Leben, da sollte man sich nicht lumpen lassen", warb Bedford-Strohm. Wittenberg und andere Städte würden durch die zahlreichen Besucher von den Jubiläumsfeiern profitieren, sagte der Vorsitzende des Leitungskreises r2017, Gerhard Robbers: "Für die Regionen ist es ein Gewinngeschäft."
Der Deutsche Kulturrat will im Übrigen in den kommenden Monaten mit eigenen Veranstaltungen an das 500. Reformationsjubiläum erinnern. Die Vorbereitungen der Feierlichkeiten sollten nicht allein evangelischer Kirche und Staat überlassen werden, erklärte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, heute in Berlin. Bis 2017 plant der Kulturrat mehr als ein halbes Dutzend Veranstaltungen sowie Publikationen. So sei gerade das erste Dossier "Martin Luther Superstar" erschienen, hieß es.