In Baden-Württemberg tritt umstrittener Bildungsplan in Kraft
Kritik aus Reihen der CDU, wonach eine Entscheidung erst nach Ende der Koalitionsverhandlungen mit den Grünen hätte fallen sollen, wies der Sprecher des Kultusministeriums, Michael Hermann, am Donnerstag in Stuttgart zurück. Der Bildungsplan soll nun am Montag im Internet veröffentlicht werden und ab dem 1. August gelten.

Allen Beteiligten sei ausführlich kommuniziert worden, dass die Bildungspläne bis April fertiggestellt sein müssten, sagte Hermann. Nur so könnten die Bildungspläne zum kommenden Schuljahr in Kraft gesetzt werden und alle Schulen damit arbeiten. "Es wäre konstruiert, einen Zusammenhang mit dem Termin der Landtagswahlen herzustellen", sagte der Sprecher. Nach den Landtagswahlen am 13. März verhandelt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) über eine Regierungskoalition mit der CDU. Sind die Verhandlungen erfolgreich, wird der bisherige Kultusminister Andreas Stoch (SPD) nicht mehr der Landesregierung angehören.

Umstritten war bei der Erstellung des Plans, welche Bedeutung das Leitprinzip "Akzeptanz sexueller Vielfalt" haben soll. In einem nicht zur Veröffentlichung bestimmten Entwurf hatte dieses Prinzip vor zwei Jahren ein hohes Gewicht. Dagegen gab es eine Online-Petition mit 192.000 Unterschriften und mehrere Demonstrationen in Stuttgart. Nun geht das Thema in einer allgemeinen Leitperspektive "Akzeptanz und Toleranz von Vielfalt" auf, die auch ethnische und religiöse Minderheiten berücksichtigt.



Im Februar hatte der Bildungsdezernent der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Oberkirchenrat Werner Baur, im Streit um die Bildungspolitik der Landesregierung zu mehr Gelassenheit und Nachdenklichkeit aufgerufen. "Bildungspläne und ihre Wirkung werden maßlos überschätzt", sagte Baur bei einer Tagung der baden-württembergischen Religionslehrerverbände. Solche Pläne böten zwar einen Orientierungsrahmen, garantierten aber weder die Qualität von Unterricht noch den Kompetenzerwerb bei Schülern.

Der Bildungsplan soll den alten Plan aus dem Jahr 2004 ablösen und zum 1. August für die Klassen 1 und 2 sowie 5 und 6 in Kraft treten. Bis 2023/24 soll der neue Plan jahrgangsweise in allen Klassen umgesetzt werden. Er sieht eine höhere Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Schularten vor, zudem wird es die neuen Schulfächer "Alltagskultur, Ernährung, Soziales" und "Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung" geben.