Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht vor einem Angriff auf ein Flüchtlingsheim berichtet wird. Bilder von pöbelnden Massen, die die Ankunft von Bussen mit Asylbewerbern aufhalten. Auf Facebook häufen sich rechtsradikale Kommentare: "Hoffentlich war die Hütte voll mit Asylschmarotzer, bevor es gebrannt hat!" oder "Dreckspack nach Auschwitz und Dachau". Immer seltener werden solche Inhalte anonym verfasst – viele posten die menschenverachtenden Botschaften mit Klarnamen. Die meisten von ihnen bleiben trotz solcher Worte unbehelligt.
"Ist der rechte Mob nur eine lautstarke, aber kleine Minderheit? Oder vergiftet der Fremdenhass unser ganzes Land?", fragte Sandra Maischberger in ihrer Talkshow und könnte damit eine wichtige Debatte weiterführen. Denn an diese Fragen schließen sich weitere an: Was sind die Ursachen für den Hass, der Flüchtlingen entgegenschlägt, was kann man dagegen tun? Doch statt zu versuchen, in 75 Minuten Sendezeit Antworten auf diese Fragen zu bekommen, versandet die Diskussion immer wieder in Nebensächlichkeiten.
"Es gibt ein buntes Deutschland"
Gleich zu Beginn der Sendung diskutierten der AfD-Mann Alexander Gauland und der Grüne Volker Beck über ein Foto mit Demonstranten. Während Gauland forderte, zwischen kriminellen und besorgten Menschen, die Überfremdung fürchten, zu unterscheiden, findet Beck klare Worte: "Sorgen rechtfertigen nicht, dass man Nazis hinterherläuft. Leuten, die da mitlaufen, nehme ich nicht ab, dass sie Fragen haben." Anstatt diese Diskussion mit den anderen Gästen aufzugreifen, ging Maischberger dazu über, Sigmar Gabriels Satz "Bei uns zuhause würde man sagen, das ist Pack, was sich hier rumgetrieben hat" von jedem Gast einordnen zu lassen – mit dem Ergebnis, dass niemand von "Pack" reden würde, ihm einige in der Sache jedoch Recht geben.
"Ich kann Gabriel verstehen", gestand die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann. Mit dem Begriff Pack komme man jedoch nicht weiter. Die Theologin warnte außerdem davor, die Bundesrepublik in ein helles und ein dunkles Deutschland zu unterteilen: "Es gibt ein buntes Deutschland", sagte sie. "Diejenigen, die für Flüchtlinge einstehen, sind in der Masse mehr als die, die gröhlen", zeichnete auch der Tänzer und Choreograph Detlef D! Soost ein positives Bild von Deutschland. Allerdings gestand er auch, dass ihm die Rechten in Deutschland Angst machen. "Aber ich würde diese Angst nicht siegen lassen."
Klöckner: "Wo ich geboren bin, ist kein Verdienst, sondern Zufall"
Erst als Olaf Sundermeyer die Runde bei Maischberger komplettierte, kehrte die Moderatorin zurück zu den ursprünglichen Fragestellungen. Sundermeyer warnte die CDU-Politikerin Julia Klöckner davor, Pegida zu verklären. Die Politikerin hatte zuvor gesagt, dass die islamkritische Bewegung nicht homogen sei und man nicht grundsätzlich Gespräche ausschließen dürfe. "Die Menschen, die bei Pegida mitgehen, sind fremdenfeindlich motiviert. Es sind aber nicht alle Rechtsextremisten", sagte der Journalist. "Ein Fremdenfeind wird zum Rechtsextremisten, wenn er versucht, aktiv Menschen zu vertreiben", erklärte er später.
Gauland warf er einen Schulterschluss mit der "rassistischen Bewegung" Pegida vor. Die Stimmung sei außerdem durch Wahlerfolge der AfD aufgeheizt worden, sagte Sundermeyer. Der AfD-Politiker versuchte sich zu wehren: "Sie können uns nicht in die rechte Ecke drängen, nur weil wir gegen unkontrollierte Masseneinwanderung sind", bemängelte er. Auf Margot Käßmanns Einwand, dass er mit genau solchen Formulierungen wie "unkontrollierte Masseneinwanderung" Ängste schüre, wusste er wenig zu erwidern. Auch als die Theologin vorrechnete, dass der Anteil der neu aufgenommenen Flüchtlinge weniger als ein Prozent der deutschen Bevölkerung ausmache, fiel dem Politiker nicht mehr ein als darauf hinzuweisen, sich Fotos mit Flüchtlingslagern genauer anzugucken – da sehe man, dass man nicht alle aufnehmen könne.
Mit dieser Meinung stand Gauland zumindest in der Maischberger-Runde alleine da. Die anderen Gäste zeigten viel Offenheit für Flüchtlinge in Deutschland und setzten so positive Impulse. Das konnte jedoch wenig daran ändern, dass über weite Strecken am Thema vorbeidiskutiert wurde.