Herr Landesbischof, schon wieder wurde eine geplante Unterkunft für Flüchtlinge angezündet. Diesmal traf es ein Gebäude im oberbayerischen Reichertshofen. Kippt die Stimmung in der Bevölkerung?
Heinrich Bedford-Strohm: Man darf von solchen besinnungslosen Anschlägen einiger fehlgeleiteter Leute nicht auf die Bevölkerung insgesamt schließen. Nach wie vor nehme ich eine beeindruckende Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung wahr. Gerade in den Kirchengemeinden stoße ich an vielen Orten auf diese Hilfsbereitschaft.
Kritiker werfen einigen CSU-Politikern vor, einen zu scharfen Ton beim Asyl-Thema anzuschlagen. Bräuchte es eine "verbale Abrüstung"?
Bedford-Strohm: Es ist - unabhängig von den politischen Lagern - jedenfalls wichtig, sehr genau auf die Wortwahl zu achten, wenn wir über die Flüchtlingsfrage öffentlich diskutieren. Es ist nachvollziehbar, dass die Problemlagen, aus denen heraus Menschen aus den Balkanstaaten hierherkommen, nicht einfach gleichgesetzt werden können mit der Situation der Bedrohung von Leib und Leben, die Menschen aus Syrien und dem Nordirak zur Flucht veranlasst. Es ist auch richtig, dass man Wege findet, dass die Menschen in Südosteuropa mithelfen können, dort ihr Land aufzubauen anstatt ihr Glück hier zu suchen. Aber die Rede vom "massenhaften Asylmissbrauch" weckt eher zweifelhafte Emotionen anstatt wirklich zur Problemlösung beizutragen.
Wer ist neben der Politik gefordert, damit die Akzeptanz von Flüchtlingen hoch bleibt oder wieder zunimmt? Was tut die Kirche dafür?
Bedford-Strohm: Das Wichtigste ist, dass alle an ihrem jeweiligen Ort und in ihrer jeweiligen Funktion gut zusammenarbeiten und dadurch dramatische Akutlagen verhindern. Die politisch Verantwortlichen, die Behörden, die Kommunen und Bezirke, die in der Asylsozialarbeit Tätigen, die ehrenamtlichen Unterstützergruppen müssen alle gemeinsam ihr Bestes tun, um angesichts gewachsener Zahlen von Menschen, die hier Zuflucht suchen, eine menschenwürdige Unterbringung und eine möglichst gute Begleitung zu gewährleisten. Insbesondere die Asylsozialarbeit wird schon jetzt im Wesentlichen von Kirche und Diakonie bzw. Caritas geleistet. Hier müssen wir unsere Anstrengungen verstärken. Und natürlich hoffe ich, dass aus den Kirchengemeinden heraus weiter vor Ort Hilfe geleistet wird. Ich bin für dieses Engagement ungeheuer dankbar. Es laufen gegenwärtig auch Gespräche darüber, wie wir uns als Kirchen beim Wohnungsbau für Flüchtlinge engagieren können. Wir müssen als Kirchen immer wieder deutlich machen, dass das Christentum, das wir ja als prägend für unsere Kultur sehen, immer auch eine besondere Verpflichtung zur Humanität einschließt.