Er fällt auf, das spürt er auch nach rund zehn Jahren in Wuppertal. "Ja, ich bin schwarz", sagt Fidon Mwombeki, "manchmal fühle ich mich diskriminiert, manchmal nicht." Der 54-jährige lutherische Pfarrer aus Tansania, promovierter Theologe und Ökonom, leitet als erster Afrikaner ein Missionswerk in Deutschland. Er ist seit 2006 Generalsekretär der Vereinten Evangelischen Mission (VEM), und sein Vertrag wurde bis 2022 verlängert.
Böse oder verächtliche Worte habe er im Alltagsleben selbst nicht gehört, sagt Mwombeki. Wohl aber seine Frau. Wenn die Tochter dann über Diskriminierung schimpfe, komme auch viel Unterstützung von Deutschen. Die VEM jedenfalls steht für Dialog und Toleranz. Während Salafisten, "Pegida"-Anhänger und Hooligans auf die Straße gehen, lädt sie Juden, Christen und Muslime in ihr Tagungszentrum "Auf dem Heiligen Berg".
Mwombeki äußert sich nicht gern zur islam- und ausländerfeindlichen "Pegida": "Das mögen andere tun." Der Herr mit blau schimmernder Krawatte im dezenten grauen Anzug will nicht den Eindruck erwecken, als Ausländer in Deutschland Eigeninteressen zu vertreten. Als Afrikaner aufzufallen erlebt er auch positiv: "Ein bisschen exotisch zu sein", verschaffe ihm besondere Aufmerksamkeit. So würden seine Ansichten zu weltweiter Verantwortung etwa im Rat der Evangelischen Kirche sehr geschätzt. Mwombeki gehört seit 2009 als erster Afrikaner dem Leitungsgremium von rund 23,4 Millionen Protestanten in Deutschland an.
Über Klischees ärgert er sich: "Der größte Fehler ist, über Afrika zu sprechen, als wäre es ein Land." Denn das verwischt die großen Unterschiede zwischen den mehr als 50 Staaten. Aber der Tansanier mit Schnurrbart und Koteletten liebt auch das Spiel mit Identitäten, philosophiert über Schwarz und Weiß, Arm und Reich. Er hat in den USA studiert und dort als Gemeindepfarrer gearbeitet. Wenn er auf die Philippinen reist, hält man ihn dort oft für einen schwarzen US-Amerikaner, von der US-Marine. "Manchmal sage ich 'ja'", gibt er zu. Dann gilt er nicht als armer Mann aus Afrika: "Dann bin ich der Reiche."
Trotz einiger Fehlschläge würdigt Mwombeki die Entwicklungszusammenarbeit. Als Tansania 1961 unabhängig wurde, hätten dort nur zwölf Menschen einen Hochschulabschluss gehabt. Nun seien es Hunderttausende, betont er. Auch der Begriff von Armut wandle sich: "Heute ist in meinem Dorf ein Junge ohne Smartphone arm." Vor 20 Jahren hingegen habe selbst ein Junge ohne Schuhe nicht als arm gegolten. Sein Heimatdorf Ishozi liegt nahe der Stadt Bukoba an der Westküste des Viktoriasees.
Auch die Mission verteidigt er gegen Kritik. Er sieht das Evangelium als Geschenk, zum Beispiel in Indonesien: "Diese Menschen wurden von versklavenden Traditionen, Überzeugungen, Geistern und vielem mehr befreit. Jetzt leben sie erhobenen Hauptes als freie Menschen", sagte er 2011 vor der Synode der westfälischen Landeskirche. Niemand solle sich schuldig fühlen, der das Evangelium weitertrage.
Die VEM ging den Weg von der Partnerschaft zur Teilhabe: Sie wurde zu einer Gemeinschaft von 35 gleichberechtigten Kirchen in Deutschland, Afrika und Asien sowie einer Stiftung. Das meiste Geld für Mission, Entwicklungsprojekte, Menschenrechtsarbeit und Stipendien kommt zwar von den deutschen Mitgliedern, aber sie können nun überstimmt werden.
Das Muster von Geben und Nehmen überwinden
Die VEM-Mitglieder haben sich auf Grundsätze verständigt, um die Gleichberechtigung von Mann und Frau zu fördern und Diskriminierung von HIV-Positiven und Aidskranken zu verhindern. Beim Thema Homosexualität ist das noch nicht gelungen. "Die Meinungen sind zu unterschiedlich", sagt Mwombeki.
In Sachen internationaler Solidarität denkt der Generalsekretär voraus: "Wir müssen das Muster von Geben und Nehmen überwinden." So erprobt die VEM mit ihrem Jahresetat von etwa 15 Millionen Euro statt nur Hilfsgelder zu bewilligen schon neue Formen der Kooperation: Sie investierte in Kirchenbanken in Kamerun und Tansania.
Jedes Land will laut Mwombeki ein Geber sein, auch wenn im eigenen Land viele Menschen in Armut lebten. Er wünscht sich, dass die afrikanischen und asiatischen Mitgliedskirchen bald mehr für die gemeinsame Arbeit zahlen: "Sie können das." Und ihm schwebt vor, dass die Gemeinschaft irgendwann einmal nicht nur arme Kinder in Kamerun oder Indonesien unterstützt, sondern auch eine Hausaufgabenhilfe in Wuppertal oder anderswo in Deutschland.
Die Stadt an der Wupper nennt Mwombeki seine Heimat auf Zeit. "Meine endgültige Heimat ist aber Bukoba in Tansania", sagte er einmal in einem Interview. "Dort möchte ich einmal begraben werden - neben dem Grab meines Vaters und meiner Mutter."