Fidon Mwombeki
Foto: Martin Rothe
Der tansanisch-lutherische Pfarrer Fidon Mwombeki ist Generalsekretär des internationalen Kirchennetzwerks VEM mit Sitz in Wuppertal und zugleich Mitglied des Rats der EKD.
Fidon Mwombeki: "Mission ist Teilhabe an Gottes Aktivitäten"
Der Begriff "Mission" klinge für die meisten Christen in Afrika, Asien und Lateinamerika gut, sagt Pfarrer Fidon Mwombeki, Generalsekretär der Vereinigten Evangelischen Mission. Die gute Botschaft von Jesus Christus solle weitergesagt werden - übrigens auch in Deutschland. Das Interview mit Fidon Mwombeki ist Teil unserer Serie "Wie wollen wir glauben?"

Herr Mwombeki, als Generalsekretär der "Vereinten Evangelischen Mission" (VEM), eines Netzwerks von Kirchen auf drei Erdteilen, haben Sie es täglich mit Mission zu tun. Wie würden Sie jungen religionsfernen Deutschen den Kern des christlichen Glaubens erklären?

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Fidon Mwombeki: Ich würde ihnen von mir erzählen: Wie mir der Glaube geholfen hat. Was mir Jesus Christus bedeutet. Und wie das mein Leben beeinflusst. Dann sollten sie für sich entscheiden.

Welche Beispiele aus Ihrem Leben würden Sie nennen?

Mwombeki: Durch meinen Glauben herrscht in mir innerer Friede. Vieles in dieser Welt kann ich nicht verstehen. Aber ich kann mich auf Gott verlassen – auch wenn es mir nicht gut geht. Das gibt mir Zuversicht.

Kann man diese Zuversicht, diese innere Freiheit einüben? Oder ist sie ein reines Geschenk Gottes?

Mwombeki: Es ist beides. Meine Religionslehrerin in Tansania hat uns immer ermuntert: "Überlegt doch mal, wie Gott euch diese Woche geholfen hat!" Das hat mir eine ganz neue Einstellung gegeben. Später hat mal ein Bischof zu uns gesagt: "Jetzt werden wir beten – aber diesmal keine Bitten, sondern nur Dank!" Das war nicht einfach. Ich musste lernen, Gott auch für Kleinigkeiten zu danken: für das Essen und dafür, dass ich es schmecken kann. Dass ich schlafen konnte. Dass ich Freunde habe. Dass meine Eltern mich lieben. Das alles ist nicht selbstverständlich. Ich musste erst üben zu entdecken, wo Gott eine Rolle in meinem Leben spielt.

"Meine Heimat Tansania würde ohne das Christentum viel schlechter da stehen"

Viele Zeitgenossen reagieren allergisch auf den Begriff "Mission". Sie denken dabei an Zwang, Gewalt, Imperialismus. Sollten die Christen auf diesen Begriff besser verzichten?

Mwombeki: Nein. Und dafür gibt es einen Grund: Wer sagt denn, dass die weltweite Mission des Christentums etwas Schlechtes war? Das tun hauptsächlich die Europäer und Nordamerikaner. Warum fragen sie nicht die Betroffenen?

###mehr-artikel### Für die meisten Christen in Afrika, Asien und Lateinamerika hat "Mission" einen sehr guten Klang! Meine Heimat Tansania würde ohne das Christentum viel schlechter da stehen. Zum Beispiel gibt es in meiner Herkunftsregion zwölf Krankenhäuser. Davon wird nur eines von der Regierung betrieben, die anderen elf von Kirchen. Sie sehen das als Teil ihrer Mission.

Ganz ähnlich habe ich es in Westafrika erlebt. Die Ghanaer erinnern bis heute dankbar an die Landung der ersten christlichen Missionare.

Mwombeki: Ja! Auch auf der indonesischen Insel Sumatra werden die Missionarsgräber bis heute geehrt. In Afrika werden Kirchen und Universitäten nach ihnen benannt. Und gleichzeitig feiert man den Tag, an dem die europäischen Kolonialherren aus dem Land vertrieben wurden – denn das ist etwas ganz Anderes! Wenn Ihr im Westen mit "Mission" nur Schlechtes verbindet, dann ist das Euer Problem. Vielleicht steht dahinter der Gedanke: "Das Christentum ist eine europäische Kultur und die sollten wir niemand anderem aufzwingen." Aber das Christentum ist nicht in Europa entstanden! Es kam bekanntlich aus Westasien. Europa ist ein Zwischenstop!

Was verstehen Sie unter "Mission"?

Mwombeki: Für mich bedeutet Mission Teilhabe an Gottes Aktivitäten zum Wohl aller Menschen. Und zwar ganzheitlich, wie Jesus es getan hat. In der VEM zum Beispiel verzichten wir nicht auf Evangelisation, denn die gute Botschaft von Jesus Christus soll weitergesagt werden – wenn auch bescheiden und einfühlsam. Aber Evangelisation alleine reicht nicht. Zugleich bekämpfen wir die Armut, sorgen für Gerechtigkeit und Entwicklung, bieten Bildung und Diakonie an für die, die nicht selbst für sich sorgen können. Europa weiß nicht mehr, dass es seine humanitäre Kultur diesem christlichen Geist verdankt. Viele erkennen das nicht mehr an. Das finde ich schade!

"Für mich ist Beten ein Zeichen der Zuversicht und des Vertrauens auf Gott. Davon erlebe ich in Deutschland zu wenig"

In Ihrer internationalen Gemeinschaft VEM begegnen sich die deutschen, afrikanischen und südost-asiatischen Mitgliedskirchen heute auf Augenhöhe. Funktioniert das in der Praxis?

Mwombeki: Inzwischen haben wir gleiche Rechte und gleiche Verantwortung. Aber es ist ein schwieriger Prozess, die historischen Rollen zu überwinden: Die deutschen Kirchen geben gerne, aber finden es schwierig, auch mal zu empfangen. Bei den südlichen Kirchen ist es oft umgekehrt. Diese Mentalitäten zu überwinden, sehe ich als meine große Aufgabe.

Wie wollen Sie da vorgehen?

Mwombeki: Zum Beispiel hat die VEM eine neue Kampagne namens "United Action" ins Leben gerufen: Es geht darum, für die Mission viel mehr Geld aus Afrika und Asien zu sammeln. Angenommen es gibt eine deutsche Kirchengemeinde, die ihren kirchlichen Kindergarten schließen muss, weil kein Geld mehr da ist. In Indonesiens Hauptstadt Jakarta gibt es heute reiche Kirchengemeinden. Die könnten einspringen und sagen: "Betreibt euren Kindergarten weiter! Wir überweisen euch regelmäßig Geld." Ich wäre gespannt, was die deutsche Gemeinde dazu sagen würde! (Lächelt.) So etwas müssen wir ausprobieren. Denn die Welt ändert sich.

Inzwischen kennen Sie auch die deutsche Kirche gut von innen. Was können wir hier von unseren südlichen Geschwistern lernen?

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Mwombeki: Zuerst sollten wir uns klar machen, dass Deutschland kein "christliches Land" mehr ist, obwohl Christen die Mehrheit stellen. Deshalb haben die Christen hier die Aufgabe, in ihrem Land zu missionieren. Zweitens: Ich denke, die Kirche in Deutschland redet zuviel über die Kirche. Das Geld und die Infrastruktur sind wichtig, aber ich höre zu wenig über Gott und Jesus Christus. Und drittens: Für mich ist Beten ein Zeichen der Zuversicht und des Vertrauens auf Gott. Davon erlebe ich in Deutschland zu wenig.

Sie sind ein Grenzgänger zwischen den Kulturen. Leiden Sie manchmal unter der ganz anderen religiösen Situation hier in Deutschland?

Mwombeki: Wenn ich zur Kirche gehe, möchte ich geistliche Nahrung bekommen, die mich stärkt in meiner Beziehung zu Gott. In deutschen Predigten wird oft viel gesagt über die Probleme der Welt – sei es Atomkraft oder das Elend der Palästinenser. Aber das weiß ich schon. Um das zu erfahren, komme ich nicht in die Kirche. Und so gehe ich oft enttäuscht nach Hause, weil ich immer nur höre, was ich tun und lassen sollte. Und kann doch beim besten Willen kaum etwas ändern. So bringt man die Leute nur zur Resignation. Die frohe Botschaft klingt anders! Es fehlt mir Freude im Gottesdienst.

Gibt es Faktoren, die Sie optimistisch stimmen, dass die Kirchen in Deutschland die aktuellen Herausforderungen meistern?

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Mwombeki: Ich bin sehr zuversichtlich, dass unser Herr seine Kirche in Deutschland nicht allein lässt! Es gibt auch hier sehr viele Menschen, die sich für Gott und seine Mission engagieren. Es sind sehr gute Strukturen vorhanden. Ich weiß nicht, wie Gott sich ihrer bedienen wird, um neue Begeisterung zu entfachen, aber ich weiß: Der Heilige Geist ist in der deutschen Kirche anwesend! Sie wird keinesfalls aussterben.

Wie sollte die evangelische Kirche Deutschlands in 30 Jahren aussehen?

Mwombeki: Ich hoffe, es wird eine Kirche sein, die die ganze deutsche Gesellschaft wiederspiegelt – die derzeitige Trennung zwischen einheimischen und fremdsprachigen Gemeinden finde ich nicht zukunftsfähig. Es wird eine Kirche sein, in der mehr Nichttheologen große Verantwortung tragen in spirituellen Dingen – Menschen, die mutig und selbstbewusst von Jesus Christus erzählen: in ihrer Familie, an ihrem Arbeitsplatz, in der Öffentlichkeit. Glaubwürdig, einfach und ohne Entschuldigungen.