Sicherer Zugangsweg von Nordafrika nach Europa gefordert
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Notruf-Initiative fordert Fährverbindung übers Mittelmeer
Nach der jüngsten Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer mit mehr als 700 Todesopfern fordert die Organisation "Watch the Med" die Einrichtung direkter Fährverbindungen zwischen Nordafrika und Europa.
20.04.2015
epd
Christine Xuân Müller

"Es ist vorauszusehen, dass künftig weitere Tausende Flüchtlinge im Mittelmeer sterben werden, wenn sich am Zugangsweg nach Europa nichts ändert", sagte Helmut Dietrich, Sprecher von "Watch the Med", am Montag in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nach dem Zurückfahren der italienischen Seenotrettungsoperation "Mare Nostrum" im Herbst 2014 seien Flüchtlingskatastrophen wie am Wochenende unvermeidlich.

Fähren von privaten Reedereien könnten den regulären Transport von Flüchtlingen übernehmen. Diese Schiffe sollten dann zum Beispiel unter einer weißen Flagge fahren, die deutlich mache, dass sie zivil unterwegs seien. Nur über einen regulären und sicheren Zugangsweg könne das "massenhafte Sterben im Mittelmeer" beendet werden, sagte Dietrich.

Seit dem Ende von "Mare Nostrum" beschränkt sich die italienische Küstenwache auf die Seenotrettung in der Nähe der italienischen Küste. Diese arbeite gut, sei jedoch angesichts der hohen Zahl der Bootflüchtlinge "völlig überfordert", sagte Dietrich. Er betonte, dass es seit Anfang April im Mittelmeer im Vergleich zu den Wintermonaten eine "völlig neue Situation" gebe. Aufgrund der wärmeren Jahreszeit und der Verschärfung der Krisen in Syrien, aber auch in Libyen, würden nun täglich Hunderte Menschen starten, um mit Booten von Nordafrika aus Europa zu erreichen.



Die Organisation "Watch the Med" betreibt seit der Einstellung von "Mare Nostrum" im Mittelmeer ein über Spenden finanziertes Alarm-Telefon für Noteinsätze im Mittelmeer. Europaweit engagieren sich dafür rund 100 Aktivisten, sie stellen rund um die Uhr einen Notruf-Telefondienst zur Verfügung. Sobald Notrufe von Flüchtlingen bei der Initiative eingehen, alarmiert diese den italienischen Seenotrettungsdienst und veröffentlicht den Notruf über Medien und soziale Netzwerke.

"Ohne das Alarm-Telefon wären in den vergangenen zehn Tagen einige hundert Menschen mehr ertrunken", sagte Dietrich. Seit Anfang April habe "Watch the Med" teilweise mit bis zu zehn in Seenot geratenen Flüchtlingsbooten gleichzeitig Kontakt gehabt. Auf den täglich startenden Schlauchbooten, Holzbooten oder Fischkuttern befänden sich jeweils oft mehrere hundert Menschen.

Nötig seien sichere und legale Wege, um Zufluchtsorte zu erreichen, ohne sich in tödliche Gefahren begeben zu müssen, betonte Dietrich weiter. "Watch the Med" macht für die jüngste Flüchtlingskatastrophe die "mörderische Politik der EU" verantwortlich. Vor allem das Herunterfahren der Rettungsprogramme im Mittelmeer und "die Abschottungsoperation Triton-Frontex" seien die Ursachen dafür, dass die Zahl der Todesopfer unter den Flüchtlingen im Mittelmeer in den nächsten Monaten wieder steigen werde, warnt die Organisation.