Noch wenige Stunden vor der Abstimmung besuchen Ray und Pat Devone Wahlveranstaltungen der republikanischen Kandidaten Newt Gingrich und Rick Santorum. Das Ehepaar gehört zu einer heiß umworbenen Wählergruppe - den Unentschlossenen. Fast jeder vierte Stimmberechtigte im US-Staat New Hampshire in Neuengland hat sich Umfragen zufolge noch nicht für einen der sechs republikanischen Präsidentschaftskandidaten entschieden, die sich der Vorwahl stellen.
Wer die Unentschlossenen auf seine Seite zieht, kann viel Boden gutmachen im Rennen um den Kandidatenposten. Aber die Uhr tickt für die Wahlkämpfer. Fieberhaft schütteln sie Hände in Einkaufszentren und Imbissbuden und spulen immer wieder ihre Wahlkampfreden ab.
Als Favorit gilt immer noch der 64-jährige Mitt Romney, früherer Gouverneur des Nachbarstaats Massachusetts. Der moderate Mormone führt nach Umfragen vom Sonntag im eher liberalen New Hampshire das Feld mit 35 Prozent der Stimmen an, nachdem er bereits beim Vorwahlauftakt in Iowa ganz knapp vorne lag. Aber obwohl er als ausgesprochen kompetent in Wirtschaftsfragen gilt, ist er nicht der Wunschkandidat vieler Republikaner. Romney hat den Ruf, in sozialen Kernfragen zu weich zu sein, und er hat seine Position zu oft geändert. Das haben ihm konservative Republikaner nicht verziehen.
Auch der 69-jährige Wahlberechtigte Pat Devone wird am Dienstag wohl nicht für Romney stimmen. Erst wenn es im November gegen Barack Obama geht, könne Romney auf seine Stimme zählen. Alles, sogar Romney, nur keine zweite Amtszeit für Obama, so lautet Devones Devise.
Kein Kandidat ist so richtig Konsens
Momentan gefällt ihm aber besser, was der 53-jährige Rick Santorum, der Überraschungszweite der parteiinternen Kandidatenkür in Iowa, zu sagen hat. Der Ex-Senator aus Pennsylvania und evangelikaler Christ ist in gesellschaftlichen Fragen sehr konservativ und hat sich mit seinen Aussagen zu Homosexualität zum Feindbild für homosexuelle Amerikaner gemacht. Doch viele republikanische Wähler suchen gerade diese konservative Alternative zu Romney.
Trotzdem könnte in New Hampshire Ron Paul den zweiten Platz hinter Romney belegen. Der extrem freiheitlich eingestellte Kongressabgeordnete begeistert vor allem junge Wähler. Der 76-jährige ist für eine isolationistische Außenpolitik, will die Notenbank abschaffen und die Macht des Staates einschränken – eigentlich kein Kandidat für die gesamte republikanische Partei. In Umfragen kommt er in New Hampshire auf etwa 18 Prozent. Landesweit ist er wegen seiner Positionen eher abgeschrieben.
In einer Schulturnhalle wirbt der 68-jährige Newt Gingrich für Unterstützung. Der frühere Präsident des Repräsentantenhauses ist Vierter in den lokalen Umfragen. Nichtsdestotrotz sieht er sich als der Mann, der Obama aus dem Amt werfen kann. "Ich glaube, dass ich Obama eher schlagen kann als jeder meiner Mitbewerber", ruft er seinem Publikum zu.
Das Rentnerehepaar Maureen und Bob St. Jean hat Gingrich wohl überzeugt. Er sei "brillant", sagen sie. "Obama war ein Anfänger, und wir können nicht noch einmal einen Anfänger im Weißen Haus riskieren", sagt die 71-jährige Maureen St. Jean.
Der Vorwahl-Zirkus geht noch bis Ende August
Bevor sie sich für Gingrich entschied, war der Ex-Gouverneur von Utah, Jon Huntsman, Maureens Wunschkandidat. Der 51-jährige Huntsman könnte in New Hampshire ein Überraschungsergebnis schaffen und damit seine erschlaffte Kampagne landesweit am Leben zu halten, nachdem er in Iowa fast gar keinen Wahlkampf gemacht hatte. Der 61-jährige Rick Perry hingegen rechnet sich in dem Neuenglandstaat kaum Chancen aus. In Umfragen dümpelt der texanische Gouverneur bei einem Prozent.
Das Ehepaar Devone will sich jedenfalls noch nicht endgültig festlegen. Sie halten ihre Kandidatenwahl offen und hoffen, ihre Entscheidung mit Hilfe von Gebeten fällen zu können.
Der Kandidat Mitt Romney liegt auch bei den nächsten anstehenden Vorwahlen in South Carolina (21. Januar) und Florida (31. Januar) vorn, wie die Internet-Plattform "realclearpolitics.com" aus dem Durchschnitt mehrerer Umfragen errechnete. Er könnte demnach bereits Ende Januar die Kandidatur so gut wie in der Tasche haben. Doch nach New Hampshire kommen noch 48 weitere Vorwahlen für die republikanischen Wähler – in jedem US-Bundesstaat eine. Erst bei ihrem Parteitag Ende August entscheiden die Republikaner endgültig, wer am 6. November gegen Obama antritt.