US-Wahlkampf: Darf ein Mormone Präsident werden?
Religion spielt im US-Präsidentenwahlkampf eine große Rolle. Mitt Romney weiß das. Er möchte der erste Mormone im höchsten politischen Amt werden.
31.10.2011
Von Konrad Ege

Während sich seine Konkurrenten mit rechter Rhetorik überschlagen, bleibt Mitt Romney im US-Vorwahlkampf eher gelassen. Der frühere Gouverneur von Massachusetts (2003-07) und Multimillionär liegt in den meisten Umfragen vor den anderen Anwärter auf den Kandidatenposten der Republikanischen Partei für das Präsidentenamt. Er erhält auch deutlich mehr Wahlspenden als der Gouverneur von Texas, Rick Perry, der ehemalige Pizza-König Herman Cain, die Kongressabgeordneten Ron Paul und Michele Bachmann und der frühere Abgeordnete Newt Gingrich.

Doch in Berichten und Kommentaren kommt immer wieder eine Tatsache zur Sprache, deren Auswirkungen nicht abzuschätzen sind: Romney ist Mormone. Der frühere Chef einer Investmentfirma ist Mitglied der 1830 gegründeten "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage." Er wäre der erste mormonische Präsident der USA.

Die Mormonen, obwohl nach den Katholiken, dem Südlichen Baptistenverband und den Methodisten viertgrößte US-amerikanische Kirche, bringen viel Gepäck mit. Allein wegen der in den Anfängen der Gemeinschaft befürworteten Mehrfachehe und der Tatsache, dass nur Mitglieder die Tempel betreten dürfen, begegnen ihnen viele Menschen mit Argwohn.

Können Evangelikale für einen Mormonen stimmen? 

Der evangelikale Megakirchenpastor Robert Jeffress, ein Verbündeter Perrys, sorgte kürzlich für Aufsehen mit dem Vorwurf, das Mormonentum sei ein "Kult". Evangelikale könnten gar nicht für Romney stimmen. Jeffress ist nicht der Einzige mit dieser Ansicht. Laut Umfragen kann sich etwa ein Fünftel der Republikaner nicht vorstellen, einen Mormonen zu wählen. 34 Prozent der weißen Evangelikalen würden es laut dem Pew-Forschungszentrum auch nicht tun.

Das Mormonentum stützt sich auf die nach Ansicht des Gründers Joseph Smith unvollständige Bibel und das Buch Mormon, das Smith von einem Engel erhalten haben will. Die Mormonen glauben, dass Gott bis heute Wahrheiten durch den Präsidenten der Glaubensgemeinschaft offenbart.

Dabei ist Mitt Romney kein durchschnittlicher Mormone. Laut der Zeitung "New York Times" hat der Politiker hohe mormonische Ämter bekleidet, alle ehrenamtlich. 1981 bis 1986 war er Bischof seiner Gemeinde in Belmont im Bundesstaat Massachusetts und von 1986 bis 1994 Präsident des "Pfahls" von Boston. Ein "Pfahl" ist ein Verband von Gemeinden, vergleichbar mit einer Diözese bei den Katholiken. Als junger Mann habe Romney 30 Monate lang in Frankreich missioniert, berichtete die "Times".

Die Religionszugehörigkeit von Politikern spielt in den mehrheitlich protestantischen USA seit jeher eine große Rolle. Erst 1960 wurde der erste und bislang einzige katholische Präsident gewählt, der wie Romney aus Massachusetts stammende John F. Kennedy. Im Wahlkampf sah er sich mit Vorurteilen und Ängsten konfrontiert, unter anderem der einer Machtübernahme in den USA durch den Vatikan. Für George W. Bush waren die Stimmen der weißen Evangelikalen wahlentscheidend. Vor der Wahl von Barack Obama lief eine bewegte Debatte über seine angebliche Nähe zum Islam, weil Obamas kenianischer Vater und sein indonesischer Stiefvater Muslime waren.

Romney will Glauben und Politik auseinander halten

Romney kandidierte bereits 2008 für das Präsidentenamt. Er verlor, obwohl er angeblich beinahe 50 Millionen Dollar seines eigenen Vermögens in seine Kampagne steckte. Im Wahlkampf hielt Romney eine viel beachtete Rede über seinen Glauben. Er befürworte die Trennung von Kirche und Staat und werde als Präsident nie politische Anweisungen seiner Kirche befolgen, versicherte er.

Im Wahlkampf 2011 geht die "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" ganz betont auf Distanz, auch wenn sich zwei Drittel der Mormonen als Republikaner verstehen. Auch Romney selbst spricht nur selten über seinen Glauben. Er konzentriert sich stattdessen auf die Kritik an Obamas Wirtschaftspolitik. Als Ex-Gouverneur und erfolgreicher Unternehmer werde er es besser machen.

Schützenhilfe erhielt Romney jüngst ausgerechnet vom baptistischen Fernsehprediger Pat Robertson. Konservative Kreise drängten republikanische Kandidaten so weit nach rechts, dass sie bei den Hauptwahlen nicht wählbar seien, warnte Robertson. Neben Romney kandidiert noch ein zweiter Mormone um die Gunst der Republikaner, Jon Huntsman, Ex-Gouverneur von Utah. Ihm werden allerdings keine Chancen ausgerechnet. 

epd