Kein EHEC in Sprossen: Die Suche geht weiter
Im EHEC-Krimi hat sich eine weitere Spur zerschlagen. In einer alten Sprossen-Probe im Kühlschrank eines Patienten fanden sich keine aggressiven Darmkeime. Die Suche geht weiter.

Die EHEC-Ermittler haben einen neuen Rückschlag erlitten. Die von einem Hamburger Patienten abgegebene Sprossen-Probe weist keine EHEC-Keime auf. Das berichtete Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) am Dienstag. Der 42-jährige Hamburger hatte das Sprossengemüse eines inzwischen gesperrten Hofs in Niedersachsen im Kühlschrank vergessen.

Die mehrere Wochen alte Packung hätte den Behörden dabei helfen können, die Infektionsquelle zweifelsfrei nachzuweisen. Erste Laborproben aus dem betroffenen Hof in Bienenbüttel waren am Montag ebenfalls negativ ausgefallen. Der 42-Jährige war selbst - möglicherweise nach dem Verzehr von anderem Sprossengemüse - an EHEC erkrankt und lag tagelang auf einer Isolierstation in einem Lüneburger Krankenhaus. Mittlerweile ist er von der Infektion wieder genesen.

Offenbar weniger Neuansteckungen

22 Tote habe der Darmkeim mittlerweile in Deutschland gefordert, teilte das Robert Koch-Institut (RKI) am Montagabend mit. Der Anstieg der EHEC-Erkrankungszahlen in Hamburg, wo die meisten EHEC-Fälle auftreten, flacht allerdings deutlich ab. Es gebe die "verhaltene Hoffnung, dass sich das Geschehen jetzt wirklich entdramatisiert", sagte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) am Dienstag. Bis Dienstag, 10 Uhr, wurden in der Hansestadt 898 EHEC-Fälle oder -Verdachtsfälle gemeldet - 49 mehr als am Montag. 155 Menschen liegen oder lagen mit der schweren Verlaufsform hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) in Hamburger Kliniken. Das seien vier zusätzlich gemeldete HUS-Fälle im Vergleich zum Vortag, hieß es.

Derzeit sind bundesweit mehr als 2.700 EHEC-Fälle und -Verdachtsfälle registriert sowie mehr als 650 HUS-Fälle und -Verdachtsfälle. Nach RKI-Angaben starben 15 EHEC-Patienten an HUS, das unter anderem zu Nierenversagen und schweren neurologischen Störungen führen kann. Bei sieben weiteren gestorbenen EHEC-Infizierten wurde diese schwere Komplikation den Angaben zufolge nicht festgestellt.

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) verteidigte das Krisenmanagement. Es gebe eine klare Aufgabenverteilung beim Umgang mit der EHEC-Seuche. "Wir arbeiten in der jetzigen Situation alle zusammen", sagte Aigner am Montagabend in der ARD-Sendung "Beckmann". "Es gibt keine Kompetenzrangeleien, überhaupt nicht." Derzeit sei es zudem nicht angebracht, über Strukturen zu diskutieren.

Restaurants und Kantinen sollen mehr Proben bereitstellen

NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) verlangte, die Lebensmittelkontrolle solle Ländersache bleiben, weil diese Praxis "am angemessensten" sei. "Ich wüsste nicht, wie aus Berlin die konkrete Probennahme bei den Betrieben organisiert werden sollte", erläuterte Remmel am Dienstag im ARD-"Morgenmagazin". Die Kontrolleure seien sehr nah an den Betrieben, wo es zudem Informationen über die Lieferbeziehungen gebe. Der Minister räumte aber ein: "In der Koordination, glaube ich, kann man in der Tat etwas verbessern." Für konkrete Manöverkritik sei im Moment keine Zeit.

Hessens Verbraucherschutzministerin Lucia Puttrich (CDU) schlug mit Blick auf die EHEC-Epidemie eine engere Kontrolle der Restaurants und Kantinen vor. Die Küchen sollten noch mehr Proben ihrer Produkte für spätere Untersuchungen zurückstellen, erklärte sie am Dienstag in einem Interview mit dem Radiosender hr-info. "Bei Eiprodukten gibt es das, da müssen die Kantinen über zehn Tage Eiprodukte aufheben. Hätten wir jetzt Rückstellproben von anderen Produkten, könnten wir auch das noch beproben, was eigentlich schon verzehrt und verarbeitet wurde."

Die Ministerin verlangt eine rechtliche Änderung auf Bundes- oder sogar auf europäischer Ebene. Mit diesem Vorschlag will sie zum EHEC-Krisentreffen von Bund und Ländern am Mittwoch in Berlin fahren.

dpa