Ein Vater sagte mir neulich auf die Frage, ob seine Kinder getauft sind, das müssten die später selber entscheiden. Er meinte also: Nein. Aber das "Nein" sagte er nicht, er druckste mehr so rum.
Ich werde bei chrismon nicht für die Mitgliederwerbung bezahlt, ehrlich. Aber ich finde diesen Satz seltsam. Ich habe mal überlegt, was wir Eltern für unsere Kinder schon alles entschieden haben – aus dem schlichten Grund, dass wir schon ein bisschen länger auf diesem Planeten sind. Manches entscheiden einfach die Großen. Wir haben ihnen mäßig originelle Vornamen gegeben, sie gegen Tetanus und Polio impfen lassen, sie in einen katholischen Kindergarten gebracht, später in eine linksalternative Bauwagensiedlung und ein Gymnasium mit Musikzweig und Antirassismus-AG. Wir haben ihnen die Haare kurz geschnitten, wir wohnen mitten in der Großstadt, nicht auf dem gesunden Land. Alles Entscheidungen, wo sie wenig bis gar nicht mitreden konnten, wie bei der Taufe. All das hat sie zweifellos geprägt.
Keiner ist ein besonders engagierter Protestant geworden. Einer arbeitet derzeit in einer Schule in Afrika, wo es – ohne mütterliches Zutun – bei der Bewerbung zumindest hilfreich war, dass er getauft ist, surprise, die meisten Hilfsprojekte haben kirchliche Träger. Der andere verkündete in der Pubertät, dass er die Existenz Gottes für einen großen Mythos hält und die Kirche für ihn als Tierschützer und Vegetarier ohnehin viel zu lasch sei. Das trug ihm an der Schule gegen Rassismus eine Eins in Religion ein, was Spott in der Familie auslöste, aber auch sehr protestantisch war. Der Zweifel gehört zum Glauben – aber wie soll man an etwas zweifeln, das man gar nicht kennt?
Deshalb bin ich relativ sicher, dass sie mir später mal die langweiligen Vornamen vorwerfen werden oder die peinliche Frisur auf den Kinderfotos. Über die Taufe werden sie sich nicht beschweren, und aus der Kirche können sie austreten. Aber sie wissen dann, woraus.
Autoren
Ursula Ott
Ursula Ott ist Chefredakteurin von chrismon, davor war sie Kolumnistin bei der Brigitte, der Woche und der Emma. Sie lebt in einer Patchworkfamilie und hat ein Dutzend Bücher geschrieben, meist über Liebe, Familie und Kinder.