Uwe Birnstein
Gottesdienst im Gefängnis
Wenn sich Schwere Jungs bekreuzigen
Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld, Sonntag 10 Uhr: Ähm, bin ich hier falsch? Ich will zum Gefängnisgottesdienst, aber das Navi hat mich zu einem bayerischen Kloster geführt! Doch, richtig: "JVA" steht auf dem Schild, von oben beobachtet mich eine Überwachungskamera. Ich klingele, die schwere Tür öffnet sich. Personalausweis, Handy und Autoschlüssel muss ich abgeben. Pfarrer Wolfgang Gronauer holt mich ab, ein freundlicher Mann, Mitte fünfzig. Er lotst mich durch Stahltüren und Gänge.
Wo früher fromme Frauen arbeiteten und beteten, leben heute 160 "schwere Jungs" – Eigentumsdelikte, Gewaltverbrechen. Plötzlich stehe ich in einer wunderschönen barocken Kirche. Pfarrer Gronauer zündet die Altarkerzen an. Von draußen nähern sich Stimmen. Schon öffnet sich die Tür. 22 junge Männer treten ein, in Jogginghosen, T-Shirts, Badelatschen. Einige tragen Kreuzanhänger. Ein Wärter beobachtet aufmerksam die Szenerie. Gestählte Körper mit vielen Tattoos setzen sich in die Kirchenbänke.