Merkel pocht auf Sanierung der Staatsfinanzen
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht im 750-Milliarden-Rettungsschirm für den Euro nur einen ersten Schritt zur Stabilisierung der Gemeinschaftswährung. SPD-Chef Sigmar Gabriel bot der Bundesregierung eine Zusammenarbeit bei der Umsetzung des Rettungspakets an. Unterdessen mehren sich die Stimmen für eine schärfere Regulierung der Finanzmärkte.

"Das eigentliche Problem sind insbesondere die hohen Haushaltsdefizite in den Euro-Ländern", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag). Deutschland bestehe darauf, dass das "Problem bei der Wurzel angepackt werden muss, das heißt, dass die Länder die Staatsfinanzen in Ordnung bringen und sich um eine bessere Wettbewerbsfähigkeit bemühen müssen".

Zudem gehe es nicht nur um den Euro, betonte die Kanzlerin. "Es geht bei der Stärkung der gemeinsamen Währung darum, ob mit der Währungsunion die ganze europäische Idee ins Wanken gerät. Denn wir wissen: Scheitert der Euro, dann scheitert mehr." Die Kanzlerin forderte eine stärkere Verzahnung der Haushalts- und Wirtschaftspolitik in Europa. Dabei "dürfen nicht die Schwächsten die Entschiedenheit bestimmen, sondern die Stärksten, damit es gelingen kann".

"Konsens darf kein Nonsens sein"

Gabriel sagte der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Samstag), die SPD sei zu einem parteiübergreifenden Konsens bereit, "es darf nur kein Nonsens sein". Er kritisierte erneut: "Es ist ausgerechnet die deutsche Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP, die eine Finanztransaktionssteuer strikt abgelehnt." Die Kanzlerin und ihr Vizekanzler Guido Westerwelle stünden auf der Bremse, wo sie eigentlich Gas geben müssten. "Deutschland nutzt seine Schlüsselstellung nicht, und das ist eine Katastrophe für ganz Europa."

Auch der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, forderte erneut eine schärfere Regulierung der Finanzmärkte. "Wir erwarten endlich Klartext von Frau Merkel. Als größte Volkswirtschaft der Europäischen Union kann sich Deutschland nicht ängstlich verstecken, wenn es um eine effektive Finanzmarktregulierung geht", sagte Sommer der "Passauer Neuen Presse" (Samstag). "Die Euro-Krise zeigt doch: Was bisher in diesem Bereich auf den Weg gebracht worden ist, war Stückwerk." Hedgefonds und Leerverkäufe müssten in Deutschland wieder verboten werden. Auch Spekulationen mit Kreditausfallversicherungen könnten national beschränkt werden.

Heftige Kritik an Deutsche-Bank-Chef Ackermann

Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast forderte die Kanzlerin auf, Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann nach seinen jüngsten kritischen Äußerungen zur Zahlungsfähigkeit Griechenlands als Berater zu feuern. "Der Name Ackermann ist inzwischen Synonym für Sabotage", sagte sie der "Leipziger Volkszeitung" (Samstag). Sein Verhalten sei "unverantwortlich und unverschämt". Künast kritisierte: "Erst spielt er Merkels großen Berater, und wenn das Rettungspaket unter großen Mühen endlich durchgesetzt ist, sagt er: Das nützt nichts." Mit solchen Äußerungen gefährde Ackermann den Erfolg des Euro-Rettungsschirms.

Industrie und Banken sehen eine Finanzmarktsteuer nach einem Bericht der "Braunschweiger Zeitung" (Samstag) kritisch. Eine solche Steuer sei kein wirksames Mittel, um Spekulationen auf den internationalen Finanzmärkten einzudämmen und die wirklichen Krisenursachen zu bekämpfen, warnte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf, in einer aktuellen Stellungnahme für den Bundestags-Finanzausschuss. Zugleich träfe die Steuer aber auch die Realwirtschaft empfindlich, weil die Kosten auf die Marktteilnehmer abgewälzt werden könnten.

Banken bleiben skeptisch

Noch kritischer äußerte sich dem Bericht zufolge der Bundesverband der deutschen Banken: "Die Finanztransaktionssteuer ist kein geeignetes Instrument zur Verhinderung von Krisen", erklärte der Verband in seiner Stellungnahme für eine Expertenanhörung am kommenden Montag. Und: "Eine solche Steuer würde dem Wachstum Deutschlands und der Weltwirtschaft schaden."

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger warnt die Euro-Staaten vor einem überzogenen Sparkurs. "Die Gefahr ist groß, dass Europa seine Konjunktur kaputt spart", sagte er der "Berliner Zeitung" (Samstag). Im Euro-Raum fehle es an einer Koordinierung der Sparbemühungen, jedes Land agiere einzeln. "Besser wäre es, die geplanten nationalen Einsparsummen zu addieren und zu schauen, ob sich Europa mit seinen Konsolidierungsanstrengungen vielleicht übernimmt."

dpa