Im Gespräch: Margot Käßmann und Nikolaus Schneider
Erstmals treffen sich die ehemalige und der amtierende Ratsvorsitzende der EKD öffentlich zum Gedankenaustausch. Margot Käßmann und Nikolaus Schneider besuchen das Rote Sofa auf dem ÖKT.
13.05.2010
Von Melanie Huber

Dichte Wolken und Nieselregen in München – nicht die besten Voraussetzungen für Freiluft-Interviews. Die feuchten Bänke vor der Bühne mit dem Roten Sofa der Kirchenpresse auf dem 2. Ökumenischen Kirchentag laden wenig zum Verweilen ein. Wer sich niederlässt, muss schon einen ganz besonderen Grund haben. So wie Tausende, die plötzlich aus den Hallen strömen. Sie haben ein Ziel, Margot Käßmann und Nikolaus Schneider live zu erleben; die ehemalige Ratsvorsitzende und den amtierenden Vorsitzenden des Rates der EKD. Erstmals kommen beide in diesen Rollen für ein öffentliches Interview zusammen.

Keine öffentliche Krisenbewältigung

Die Mikrofone sind noch aus, Nikolaus Schneider und Margot Käßmann wechseln kurz ein paar Worte unter Zweien. Dann geht es los. "Wie geht es Ihnen jetzt, liebe Frau Käßmann?" Die Antwort ist knapp und ehrlich: "Ich freue mich richtig, dass das so ein schöner Kirchentag ist." Auf die Frage, was ihr in den vergangen Wochen geholfen habe, sagt sie: "Ich habe die ganze Zeit keine öffentliche Krisenbewältigung betrieben und werde das auch jetzt nicht tun." Eine deutliche Aussage, und so geht es dann auch direkt zum nächsten Thema, dem neuen Buch der 51-Jährigen. Die evangelische Theologin betont, dass es ein ganz kleines Büchlein sei, denn das Grundwissen des christlichen Glaubens passe "in ein ganz kleines Gepäck". So könne man sich immer in das "Vater unser" fallen lassen, mit diesem Gebet sei alles gesagt, was Gott zu sagen ist.

An Nikolaus Schneider richtet sich die Frage nach seinem Amtsantritt. "Sie mussten ja quasi über Nacht, die zusätzliche Funktion übernehmen. Wie haben Sie das gemeistert?" Das sei nicht so dramatisch gewesen, wie man denke. "Aber es ist schon noch manchmal so, dass ich vorm Spiegel stehe und sage 'aha, so ist das jetzt'", erklärt Schneider seine Gefühle.

Zum Thema Ökumene gefragt betont Käßmann, dass sie im Moment nicht sehe, dass die ganz großen Durchbrüche vor der Tür stünden: "Ich wünsche mir ein gemeinsames Abendmahl sehr und hoffe, dass ich es auch noch erlebe", sagt Käßmann. Die Vielfalt, wie christlicher Glaube gelebt werde, sei jedoch äußerst interessant. Und Nikolaus Schneider fügt hinzu: "Es hängt immer an den Menschen und den einzelnen Personen, und dann geht es auch. Macht was."

"Ein bisschen mehr Mut, zu gestalten"

Auch die Wahlen in NRW kommen zu Sprache, vor allem die niedrige Wahlbeteiligung. Diese ist laut Schneider Anlass zur Sorge. Daran zeige sich, dass es zu viele Menschen gebe, die nichts mehr erwarten oder die deprimiert seien. Der Präses fügt in Richtung Politiker hinzu: "Ein bisschen mehr Mut würde ich mir wünschen, ein bisschen mehr Mut zu gestalten."

Käßmann hofft, dass Katholiken und Protestanten im Jahr 2017 zum Luther-Jubiläum gemeinsam feiern werden: "Uns verbindet mehr als uns trennt." Dem stimmt Schneider zu: "Die Reformation war lange Zeit ein Bemühen um Gemeinsamkeit." Er wolle 2017 keinesfalls ohne starke ökumenische Akzente feiern. Und kommt erneut auf das Thema Abendmahl zu sprechen. Für ihn sei nicht akzeptabel, dass Menschen, die gemeinsam an ihr bezeugendes Zeugnis glauben und sich in ihren Gemeinden zusammen engagieren, nicht ein gemeinsames Abendmahl feiern dürfen: "Aber die Intimität des Schlafzimmers geht."