ÖKT: Käßmann mit stehenden Ovationen begrüßt
Mit stehenden Ovationen ist Margot Käßmann, die frühere Ratsvorsitzende der EKD, von den Besuchern des 2. Ökumenischen Kirchentages zu ihrer Bibelarbeit begrüßt worden. Nach der Eröffnung am Mittwochabend beginnen heute die mehr als 3.000 Einzelveranstaltungen beim ÖKT in München.

Rund 6.000 Menschen hörten in einer dicht gefüllten Messehalle ihre Bibelarbeit zur Geschichte von der Arche Noah und dem Regenbogen. Die ehemalige hannoversche Landesbischöfin Käßmann war Ende Februar wegen einer Autofahrt unter Alkoholeinfluss von allen kirchlichen Leitungsämtern zurückgetreten. Beim Kirchentag tritt sie erstmals wieder öffentlich auf.

Der evangelische Präsident des Ökumenischen Kirchentages, der Medizinprofessor Eckhard Nagel, begrüßte Käßmann zu ihrem ersten Programmpunkt auf dem Podium und dankte ihr für ihre Bereitschaft, am Kirchentag mitzuwirken. "Wir alle spüren, dass das ein besonderer Moment ist", sagte er unter dem Applaus des Publikums. Käßmann sei ein "Vorbild für viele und ein Bild für Vertrauen". Käßmann, die im schwarzen Kleid und weißem Blazer gekommen war, zeigte sich auf dem Podium mit einem Lächeln, aber zugleich sichtlich bewegt: "Vielen Dank für das herzliche Willkommen, das tut mir gut."

Missbrauchs-Debatte

Weiterhin steht für Donnerstag eine Podiumsdiskussion über den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen auf dem Programm, zu der auch die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Christine Bergmann, erwartet wird. Zudem feiern die Kirchentagsbesucher mehrere Gottesdienste zu Christi Himmelfahrt.

Die Missbrauchsbeauftragte Bergmann sprach sich vor ihrem Auftritt in München erneut für den Ausbau von Beratungsstellen aus. Für Hilfe und Prävention werde mehr Geld benötigt, sagte die SPD-Politikerin der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Donnerstagsausgabe). Sie forderte zudem eine bessere Fortbildung für Betreuer zum Beispiel in Vereinen, damit diese Fälle von sexuellem Missbrauch erkennen und Hilfen anbieten. Nur so könne auch der sexuelle Missbrauch in Familien aufgedeckt und gestoppt werden, sagte sie: "Das ist nicht zum Nulltarif zu haben."

Mehr als 125.000 Dauerteilnehmer haben sich zu dem Christentreffen angemeldet, das bis Sonntag dauert. 2003 hatten Protestanten und Katholiken erstmals gemeinsam zu einem Kirchentag eingeladen, damals nach Berlin.

80.000 Menschen bei Eröffnungsgottesdiensten

An den drei Eröffnungsgottesdiensten nahmen am Abend rund 80.000 Menschen teil. 300.000 Besucher feierten anschließend in der Innenstadt einen "Abend der Begegnung". Bundespräsident Horst Köhler appellierte an evangelische und katholische Christen, sich nicht mit einem Nachlassen des ökumenischen Schwungs abzufinden.

Papst Benedikt XVI. verurteilte in einem Grußwort erneut sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. Bundespräsident Köhler mahnte Aufklärung und Zuwendung zu den Opfern an. Unter dem Eindruck des Missbrauchsskandals dürfe allerdings nicht vergessen werden, "wie viel Gutes durch gläubige Menschen getan wird".

Der bayerische evangelische Landesbischof Johannes Friedrich sagte, die christliche Hoffnung gebe Halt in einer von Unsicherheiten geprägten Welt und überwinde menschliche Not. Der katholische Münchner Erzbischof Reinhard Marx hob die Aufgabe der Kirche hervor, den Menschen Sicherheit zu geben. Deshalb wiege es "umso schwerer", dass kirchliche Amtsträger die Hoffnung von Menschen enttäuscht hätten.

epd