Nach der Suspendierung des Islamrats durch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte am Mittwoch der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) ab. Für die Konferenz habe das Innenministerium keine konkreten Ziele formuliert, und die Hälfte der 2.500 Moscheegemeinden sei dort nicht vertreten, begründete der Verbandsvorsitzende Ayyub Axel Köhler in Berlin die Entscheidung. De Maizière nahm die Absage mit Bedauern zur Kenntnis.
Als wichtigste Frage für die muslimischen Verbände nannte Köhler die Anerkennung als Religionsgemeinschaft, die Voraussetzung etwa für die Erteilung von Religionsunterricht an Schulen ist. Der ZMD habe dem Bundesinnenministerium vorgeschlagen, Gespräche zwischen den Verbänden und den Ländern zu moderieren, um für dieses Problem eine Lösung zu finden. Das habe das Ministerium abgelehnt. "Die Deutsche Islamkonferenz ist in der jetzigen Form ein unverbindlicher Debattier-Klub", sagte Köhler.
Entwurf für Arbeitsprogramm steht
Minister de Maizière bezeichnete die Islamkonferenz hingegen als gut aufgestellt. "Ich bin zuversichtlich, dass wir die Ziele des Arbeitsprogramms erreichen werden", erklärte er. Ein vorbereitender Arbeitsausschuss, an dem der ZMD auch nicht teilnahm, hat für die erste Plenarsitzung am 17. Mai einen Entwurf für ein Arbeitsprogramm vorbereitet. Im Ministerium wurde mit Blick auf den Zentralrat der Muslime von einer unverständlichen Verweigerungshaltung gesprochen. Nach Kritik des Zentralrats nahm de Maizière zwei weitere muslimische Verbände als Teilnehmer und das Thema Islamfeindlichkeit ins Arbeitsprogramm auf.
Daneben kritisierte der ZMD weiterhin die Zusammensetzung der Konferenz sowie die Themenauswahl. Der Zentralrat verwahre sich dagegen, dass die Verbände als rückwärtsgewandt und die muslimischen Einzelpersönlichkeiten als weltoffen dargestellt würden, sagte Generalsekretär Aiman Mazyek. Das entspreche nicht der Realität des Islam in Deutschland. "Der Staat darf sich nicht für ihn genehme Gesprächspartner aussuchen." Die Islamkonferenz dürfe nicht der "zigste Integrationsgipfel" werden.
Das Thema Islamfeindlichkeit soll dem Verband zufolge in der Islamkonferenz nicht ausreichend behandelt werden. Dies sei eines der drängendsten Probleme für die Muslime und für die Gesellschaft insgesamt, sagte Köhler. Daher müsse es bei der Konferenz als eigenständiges Thema, nicht als Unterpunkt in anderen Bereichen behandelt werden.
Ermittlungen gegen Milli Görüs
Die Deutsche Islamkonferenz, die der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) 2006 zum ersten Mal einberief, wird am 17. Mai mit neuen Teilnehmern fortgesetzt. Auf muslimischer Seite werden nun sechs Verbände vertreten sein. Dazu gehören die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), der Verband Islamischer Kulturzentren, die Alevitische Gemeinde Deutschland, die Türkische Gemeinde Deutschland und die Islamische Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland, die zum Islamrat gehört.
Der Islamrat wurde suspendiert, weil gegen seinen größten Mitgliedsverband Milli Görüs staatsanwaltschaftlich ermittelt wird. Ein weiterer Verband aus dem arabischen Raum soll in den nächsten Tagen benannt werden. Da die Verbände nur rund ein Viertel der Muslime in Deutschland repräsentieren, sind erneut außerdem zehn unabhängige Muslime eingeladen worden.
Die Grünen bezeichneten die Islamkonferenz als gescheitert, bevor sie begonnen habe. De Maizière müsse auch mit unangenehmen Vertretern muslimischer Organisationen sprechen, wenn diese einen Großteil der Muslime in Deutschland verträten, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Volker Beck. Er dürfe sich nicht den Themen verschließen, die den Verbänden unter den Nägeln brennen.