Aufbruchstimmung und Schub für die Ökumene
Der Ökumenische Kirchentag (ÖKT) will trotz der jüngsten Missbrauchsskandale eine soziale und politische Aufbruchstimmung erzeugen.

Vom 2. Ökumenischen Kirchentag in München werden nach Überzeugung der Veranstalter Signale für Kirche und Gesellschaft ausgehen. Zugleich schlossen die beiden Bischöfe der gastgebenden Kirchen, der bayerische evangelische Landesbischof Johannes Friedrich und der katholische Münchner Erzbischof Reinhard Marx, eine schnelle Einigung in der Frage des gemeinsamen Abendmahls abermals aus. Ungeachtet dessen unterstrichen sie wenige Stunden vor Beginn des Christentreffens am Mittwoch, das Fortschritte in den Beziehungen zwischen den Kirchen möglich seien.

Ökumene wird gebraucht

Der Kirchentag sollte am Abend mit drei Gottesdiensten unter freiem Himmel eröffnet werden. Das Christentreffen dauert bis Sonntag. Mehr als 125.000 Dauerteilnehmer werden erwartet.

Friedrich sagte: "Wir wollen und brauchen die Ökumene." Der Kirchentag sei jedoch kein Ort, wo theologische Lehrfragen zur Einheit geführt werden können. Erzbischof Marx sagte: "Wir versuchen Gemeinsamkeiten zu gestalten und gleichzeitig den den jeweils anderen seine Gestalt christlichen Lebens entfalten zu lassen." Der Ökumenische Kirchentag solle ein Schub auf dem gemeinsamen Weg hin zur Einheit sein.

Der amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, beklagte das Fehlen eines gemeinsamen Abendmahls von Katholiken und Protestanten beim Ökumenischen Kirchentag. "Es schmerzt auch mich, dass sich im Moment keine schnellen Lösungen abzeichnen", schrieb Schneider in einem Gastbeitrag für das "Hamburger Abendblatt".

Die Kirchentagspräsidenten Alois Glück (katholisch) und Eckhard Nagel (evangelisch) sehen bereits in den Vorbereitungen zum 2. Ökumenischen Kirchentag ein starkes Zeichen einer lebendigen Kirche. "Ohne Ökumene ist Christentum nicht denkbar", betonte Nagel. Glück sagte, der Kirchentag werde aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen aufgreifen und sich auch offen dem Thema Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen stellen. Vertrauen sei in der Vergangenheit zerstört worden, nun müssten die Opfer im Mittelpunkt stehen.

Schäuble musste absagen

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne), die dem Vorstand des Kirchentags angehört, sagte im Deutschlandfunk, der Kirchentag werde sich mit diesem schweren Thema ausführlich beschäftigen. Als "sehr hilfreich" bezeichnete sie die jüngsten Äußerungen des Papstes. Benedikt XVI. hatte am Dienstag von "Sünden innerhalb der Kirche" gesprochen, die belastender seien, als alle Angriffe von außen.

Trotz eines Vertrauensverlusts der Kirchen könne der 2. Ökumenische Kirchentag nach Ansicht Göring-Eckardts vielen Menschen Orientierung geben. Das Großereignis sei nach wie vor eine "Zeitansage" und werde ganz sicher Gehör finden, sagte die Bundestagsvizepräsidentin.

Unter dem Leitwort "Damit ihr Hoffnung habt" finden in München bis Sonntag rund 3.000 Veranstaltungen statt. 2003 hatten Protestanten und Katholiken erstmals gemeinsam zu einem Kirchentag eingeladen, damals nach Berlin. In München wird erstmals seit ihrem Rücktritt die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, wieder öffentlich auftreten. Sie hatte nach einer Trunkenheitsfahrt am Steuer ihres Dienstwagens im Februar alle kirchlichen Leitungsämter niedergelegt.

Ein anderer prominenter Gastredner aus der Bundespolitik wird fehlen: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat wegen einer Erkrankung seine Termine abgesagt.

epd