Genmanipulierte Pflanzen: Anbaufläche wächst weltweit
134 Millionen Hektar Anbaufläche für genmanipulierte Pflanzen: Agrar-Industrie und Umweltschützer streiten, ob die "grüne Gentechnik" kleinen Bauern nutzt oder vielmehr sogar schadet.
11.05.2010
Von Yvonne Mabille

Rund um den Globus wird um den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft gerungen. Umweltschützer in Deutschland klagen gegen die Zulassung der Gen-Kartoffel Amflora. Indien setzt den Anbau einer genmanipulierten Aubergine aus, während China über Gen-Reis diskutiert. Unterdessen verlängerte die Schweiz den Anbau-Stopp für den kommerziellen Anbau von Gen-Pflanzen bis 2013.  Zwischen Agrar-Industrie und Umweltschützern ist weiter strittig, ob die "grüne Gentechnik" kleinen Bauern nutzt oder vielmehr sogar schadet.

Kontroverse Diskussionen

In China entfachte die Zulassung von zwei genveränderten Reissorten für den Versuchsanbau kontroverse Diskussionen. Der Pekinger Agrarökonom Zhou Li sagte, für genmanipulierte Pflanzen seien längere Tests notwendig als bisher erfolgt seien. Wie jede technologische Revolution werde auch die Gentechnik sicherlich zu Problemen für die Ökologie und der menschlichen Gesundheit führen, warnte er in der Zeitung "Global Times".

Im vergangenen Jahr nahm die Anbaufläche für Genpflanzen laut der industrienahen Agro-Biotechnologie-Agentur ISAAA weltweit um neun Millionen Hektar auf 134 Millionen Hektar zu. An der Spitze stehen die USA, wo 64 Millionen Hektar mit genveränderten Sorten bewirtschaftet werden. Die andere Hälfte liegt in Schwellen- und Entwicklungsländern. "Dort profitierten auch 13 Millionen Kleinbauern," sagt ISAAA-Gründer Clive James.

Umweltschützer machen eine andere Rechnung auf: Allenfalls 2,6 Prozent der 513 Millionen mittleren und kleinen Bauern weltweit könnten Nutzen aus der "grünen Gentechnik" ziehen, erklärt die Organisation "Friends of the Earth". Genmanipulierte Pflanzen werden auf weniger als drei Prozent der weltweit landwirtschaftlich genutzten Flächen (4,8 Milliarden Hektar) angebaut, wie die Agrarexpertin der Organisation, Kirtana Chandrasekaran, betont. "An die 99 Prozent dienen als Viehfutter oder werden für Agrosprit genutzt. Nicht für die menschlicher Ernährung."

Industrie macht positive Wirkung aus

Soja, Mais, Baumwolle und Raps sind die vier häufigsten Gen-Pflanzen. Als exotisches Gewächs ragt die in Japan erzeugte blaue Rose heraus, der Gene aus Stiefmütterchen und Iris eingesetzt sind. Das Gen, das bislang die Bildung blauer Pigmente verhinderte, wurde abgeschaltet.

Insgesamt sind die beiden vorherrschenden gentechnisch eingeschleusten Eigenschaften die Resistenz gegen schädliche Insekten und gegen Unkrautvernichtungsmittel. Gensorten mit Eigenschaften wie Unempfindlichkeit gegen Kälte, Hitze oder Trockenheit sind nach wie vor nicht auf dem Markt.

Stattdessen wird dem Anbau von Gensorten nun von der Industrie eine positive Wirkung für den Klimaschutz zugesprochen. So heißt es im ISAAA-Bericht, Gen-Pflanzen könnten auf zweierlei Weise zur Verminderung des Ausstoßes an Kohlendioxid (CO2) beitragen. Dank der eingebauten Insektenabwehr würden weniger Insektizide ausgebracht. Das spare Diesel oder Benzin. Außerdem müssten die Sorten, die gegen Unkrautvernichtungsmittel resistent sind, weniger oder gar nicht mehr gepflügt werden. Auch das reduziere den CO2-Ausstoß.

Steigende Kosten durch erhöhten Pestizid-Einsatz

Umweltschützer widersprechen. "Durch genveränderte Organismen wurde der Pestizid-Einsatz in den USA und Südamerika erheblich erhöht und damit auch die Nutzung von fossilem Brennstoff", betont Martin Drago von "Friends of the Earth". Außerdem werde Urwald gerodet, um Flächen für den Anbau von Gen-Soja für die Massentierhaltung zu gewinnen.

Auch der chinesische Agrarökonom Zhou Li hält einen geringeren Pestizid-Einsatz bei Gensorten nur in den ersten Jahren für möglich. In der Provinz Jiangsu sei 2001 erstmals Baumwolle angebaut worden, denen Schädlinge angeblich nichts anhaben können. Nach drei Jahren hätten die Bauern aber wieder mehr spritzen müssen.

"Weil Gen-Baumwolle nur gegen eine Art von Schädlingen resistent war, stellten andere Schädlinge eine größere Bedrohung dar als zuvor", sagt Li. Was die Bauern in den ersten Jahren eingespart hätten, habe nicht ausgereicht, um die steigenden Kosten in den späteren Jahren auszugleichen.

epd