Merkel-Machtwort: Keine Steuersenkungen bis 2013
Nach dem Wahldesaster hat Kanzlerin Angela Merkel einen Schlussstrich unter den Monate langen Koalitionsstreit über Steuersenkungen gezogen. Selbst die FDP zeigt sich einsichtig.

Die CDU-Vorsitzende erteilte nach dem Verlust der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat weiteren Milliarden-Entlastungen für die nächsten zwei Jahre eine Absage. FDP-Chef Guido Westerwelle signalisierte am Montag Kompromissbereitschaft. Die FDP müsse zur Kenntnis nehmen, dass durch die veränderten Mehrheitsverhältnisse der Plan schwieriger geworden sei.

Nach einer Vorstandssitzung der CDU sagte Merkel in Berlin: "Steuersenkungen werden auf absehbare Zeit nicht durchsetzbar sein." Dabei gehe es um den Bundeshaushalt im Jahr 2011 und 2012. Die Konsolidierung des Haushalts und die Einhaltung der Schuldenbremse hätten Priorität. "Es muss klar sein, dass wir uns jetzt bestenfalls mit der Vereinfachung des Steuersystems befassen."

Zuvor hatten mehrere CDU-Ministerpräsidenten auf eine klare Absage an Steuersenkungen gepocht. Sie verwiesen auf die angespannte Haushaltslage in den Ländern und Kommunen. Neue Einnahmeausfälle durch weitere Steuersenkungen seien nicht verkraftbar. Hinzu kommen drohende Belastungen aus dem Milliarden-Rettungspaket für den Euro.

Westerwelle will faires Steuersystem

Auch die CSU hat das Ziel rascher Steuersenkungen aufgegeben. Die CSU sehe "auf absehbare Zeit leider keine Chance der Durchsetzbarkeit einer Steuerentlastung", sagte Partei-Chef Horst Seehofer. Er erklärte, absolute Priorität habe jetzt - neben der Stabilisierung des Euro - die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Er verwies auf den massiven Widerstand von CDU-Ministerpräsidenten gegen die Steuersenkungspläne: "Wenn es schon innerhalb der Union da keine Verständigung gibt, dann brauchen wir eine Ehrenrunde in den nächsten Wochen nicht zu drehen."

Westerwelle sagte: "Dass auch wir wissen, dass die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat sich verändert haben, ist doch offensichtlich." Die FDP sei unverändert für ein "faires Steuersystem" und einen "Neuanfang", müsse aber zur Kenntnis nehmen, dass durch den Verlust der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat der "Spielraum nicht größer geworden" sei. FDP-Parteivize Cornelia Pieper erklärte im Radiosender MDR Info, die Situation sei heute eine ganz andere als noch vor einigen Wochen. "Das stellt den Haushalt vor ganz andere Anforderungen. Da muss man einige Ziele überdenken."

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff sagte vor der Sitzung der CDU-Spitze: "Man muss die Realität wahrnehmen, dass der Spielraum enger geworden ist auch durch die Steuerschätzung." Nettoentlastung könne nicht das zentrale Thema sein. Es müsse wegen des Wahlversprechens aber einen Kompromiss mit der FDP geben. Auch Saar-Regierungschef Peter Müller betonte, dass «die Möglichkeit für Steuerermäßigungen nicht besteht». Hessens Ministerpräsident Roland Koch (beide CDU) sieht dafür im Bundesrat ebenfalls keine Chancen.

Steuerschätzung gab wenig Spielraum

Union und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag im vergangenen Herbst vereinbart, bis Ende 2013 Bürger und Unternehmen um bis zu 24 Milliarden Euro pro Jahr steuerlich zu entlasten. Ein erster Teil der Steuersenkungen wurde zu Jahresbeginn umgesetzt. Die restliche Summe - zwischen 16 und 19 Milliarden Euro pro Jahr - sollte folgen. Die Pläne standen jedoch stets unter Finanzierungsvorbehalt.

Mit der jüngsten Steuerschätzung hatte sich der finanzielle Spielraum erneut verkleinert. Nach der Prognose müssen sich die öffentliche Haushalte bis Ende 2013 auf rund 39 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen einstellen als bisher geplant.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte davor angedeutet, dass er in dieser Wahlperiode bis Ende 2013 nicht mehr mit einer vollen Umsetzung der Steuersenkungsversprechen der Koalition rechne. Unabhängig vom Ausgang der NRW-Landtagswahl sehe er im Bundesrat keine Mehrheit für weitere Steuerausfälle. Hinzu komme die schärfere Schuldenbremse. Allein dafür muss Schäuble jedes Jahr zehn Milliarden Euro einsparen oder an zusätzlichen Einnahmen erwirtschaften.

dpa