Die Haustür der ehemaligen irakischen Botschaft in Berlin steht offen, die Spuren der Vergangenheit sind wüst über den Boden verstreut. Original-Bankbelege aus DDR-Zeiten liegen hier herum, daneben Diplomatenbriefe, in denen der Name Erich Honecker auftaucht. Auch handgeschriebene Listen mit deutschen und arabischen Namen sind zu sehen. Wie lange der Plattenbau im Ost-Berliner Bezirk Pankow schon leer steht, lässt sich an der dicken Moos-Schicht eines Bürostuhls im Garten erahnen: bald 20 Jahre.
Scheinbares Niemandsland
Aufgewirbelt wird die dicke Staubschicht in diesem Gebäude durch die jüngsten Pläne der heutigen irakischen Botschaft, die im West-Berliner Bezirk Zehlendorf residiert. Sie erwägt nach Medienberichten einen Umzug in ein neu gekauftes, geräumiges Landhaus in Dahlem. Wäre es vorher nicht angebracht, in Pankow aufzuräumen, fragen nun Kritiker. Denn diese ehemalige Residenz gehört noch immer dem Irak.
Souvenirjäger kommen und gehen in das Gebäude am Rande des ehemaligen DDR-Privilegierten-Viertels rund um den Majakowskiring. Blogger verbreiten die Nachricht vom geheimnisvollen Ort unter dem Partyvolk. Diejenigen, die das prickelnde Nachwende-Gefühl in leerstehenden Häusern Ostberlins verpasst haben, kommen im neuen Jahrtausend auf ihre Kosten: ein Geisterhaus, scheinbares Niemandsland. Irgendwann hat es drinnen gebrannt.
Verzwickte Lage
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in Bonn gibt sachlich Auskunft über Haus und Grundstück in der Tschaikowskistraße 51. Die Lage ist verzwickt. Eigentümer des Grundstücks sei die Bundesrepublik Deutschland, heißt es aus Bonn. Das Haus aber gehöre der Republik Irak, die im Grundbuch auch ein unentgeltliches Nutzungsrecht am Grundstück habe.
Seit der Wende modert das Gebäude vor sich hin. Das Auswärtige Amt lässt via Immobilienbehörde mitteilen, dass die Liegenschaft zur Zeit nicht für diplomatische Zwecke genutzt werde. Das hätte in diesem Zustand auch sehr verwundert. Anrufe bei der irakischen Botschaft enden in Warteschleifen, eine schriftliche Anfrage per E-Mail bleibt unbeantwortet.
Botschaftsstandort samt Eigentumsrechten
Das Gebäude, in dem Schreibmaschinen aus dem Vor-Computer-Zeitalter vor sich hinrosten, ist ein Erbe aus zwei Diktaturen. Der Irak gehörte zu den ersten Staaten außerhalb des Ostblocks, die die DDR Anfang der 1970er Jahre anerkannten. Internationale Anerkennung gehörte in Ost-Berlin zum Schwerpunkt der Außenpolitik.
So verwundert es nicht, dass der Irak, dazu ein Land mit reichen Ölvorräten, einen Botschaftsstandort in guter Lage samt Eigentumsrechten erhielt. Noch heute wird im Internet wild spekuliert, was zwischen der DDR und dem Irak alles gelaufen sein könnte. Der "Spiegel" berichtet, dass 1980 zwei irakische Botschaftsangehörige aus Pankow in West-Berlin verhaftet worden seien. Sie hätten einen Koffer voll Sprengstoff dabeigehabt.
Pankow: Ehemalige Residenz der politischen DDR-Elite
In den ersten DDR-Jahren residierte in Pankow die politische Elite der DRR. Auch ausgewählte Stasi-Größen waren dort zuhause. Nach dem Umzug der Regierungsgrößen nach Wandlitz Anfang der 1960er Jahre blieb das "Städtchen" in Pankow ein Ort für Privilegierte. Nach der Wende wurde es ein begehrtes Wohngebiet für Villen-Liebhaber.
Das Auswärtige Amt stehe "bezüglich des weiteren Schicksals des Gebäudes" mit dem irakischen Außenministerium in Kontakt, teilt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben noch mit. Es folgt der Satz: "Unabhängig von der Frage der weiteren Nutzung ist die Irakische Botschaft gebeten worden, sich des Gebäudes anzunehmen."