Herr von Hirschhausen, als Nachfolger von Jörg Pilawa moderieren Sie die Samstagabendshow „Frag doch mal die Maus“. Müssten Sie als Glücksexperte den Leuten aber nicht den Tipp geben, den Fernseher auszumachen und etwas zu unternehmen?
Eckart von Hirschhausen: In der Tat ist die Glücksforschung da eindeutig: Menschen, die sehr viel fernsehen, sind nicht besonders glücklich, speziell das Zappen ist Gift für unser Glückssystem. Aber Fernsehen macht dann glücklich, wenn man es nutzt, um seinen Horizont zu erweitern, denn wir sind dann am zufriedensten, wenn wir etwas dazulernen und unsere Kompetenzen erweitern. Und „Frag doch mal die Maus“ ist eine der wenigen Sendungen, die man mit der ganzen Familie und ohne schlechtes Gewissen schauen kann, denn man geht danach ein bisschen schlauer ins Bett und hat auch noch Spaß gehabt.
Und macht es Sie glücklich, dass Sie jetzt als ARD-Shootingstar mit dieser und anderen Shows durchstarten?
Hirschhausen: Es ist der Ritterschlag für mich, dass ich jetzt in der Primetime angekommen bin. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich so eine große Unterhaltungsshow mal selber moderieren würde. Ich bin mit der „Sendung mit der Maus“ aufgewachsen, lustigerweise war ich selber vor gut einem Jahr Kandidat bei „Frag doch mal die Maus“. Und jetzt Moderator – so schnell kann’s gehen. Die Sendung passt hervorragend zu mir, weil es darum geht, Wissen unterhaltsam zu vermitteln. Dafür steht die ARD, und das Gleiche mache ich seit 15 Jahren in meinen Bühneprogrammen und Büchern.
Kinder als "Motor"
Was wollen Sie anders machen als Ihr Vorgänger Pilawa?
von Hirschhausen: Die Show ist so, wie sie ist, sehr gut. Der Motor der Sendung sind die Kinder, ihre Neugier, ihre Fragen. Und wenn man diese kindliche Neugier und die Spielfreude auch aus den Erwachsenen herauskitzelt, macht die Show allen Spaß. Seit ich in der Kinderneurologie gearbeitet habe, weiß ich, dass der beste Dünger für das Gehirn die Neugier ist, dass man mit offenen Augen durch die Welt geht und staunen kann. Aber weil ich gleichzeitig als Kabarettist eher aus dem komischen Fach komme, werde ich nicht versuchen, päpstlicher als der Papst zu sein beziehungsweise pilawiger als Jörg Pilawa, sondern ich will meinen eigenen Stil finden. Ich albere zum Beispiel gerne mit den Gästen rum, ich mag diese improvisierten Momente. Man kann so eine Show nicht von Anfang bis Ende vorausplanen, und gerade das Unvorhergesehene macht es spannend.
Wie ist man denn bitte schön pilawig?
von Hirschhausen: Man muss doch einfach sehen, dass die Kunst der Moderation von den meisten Menschen unterschätzt wird. Jeder, der mal versucht hat, bei einem Familienfest eine Rede frei zu halten, weiß wie schwer es ist, auch nur für drei Minuten frei von der Leber weg zu erzählen und dabei die Spannung zu halten. Wer mehrere Stunden durch eine Livesendung führt, tut das scheinbar mühelos, doch dahinter steckt unheimlich viel Konzentration, Wissen, Routine und Können. Jörg Pilawa ist einer der ganz wenigen Leute in Deutschland, die so was überhaupt können. Man wird mich natürlich mit ihm vergleichen, aber das ist Quatsch. Das Leichte ist das Schwerste. Und besonders schwer ist es, das so zu machen, dass einem keiner die Anstrengung anmerkt.
Welches Gegengift haben Sie als Mediziner gegen das Premieren-Lampenfieber? Essen Sie einen Happen oder stellen sich vor den Spiegel und sagen sich...
von Hirschhausen: ...und sage zu mir: "Yes, I can?". Nein, ich habe zwar Lampenfieber, aber ich weiß, dass der Auftritt auch nicht besser wird, wenn man ihn zu routiniert und emotionslos absolviert. Also, ich habe keine Drogen oder sonst was nötig, um mich zu beruhigen (lacht). Ich gebe mein Bestes, ich habe Freude dran, und das Feedback von außen, etwa in Form der Quote, ist vorerst nicht das Wichtigste, sondern dass ich mit mir und meiner neuen Rolle zufrieden bin. Ich übe schon heimlich Zungenbrecher: Blaukraut bleibt Blaukraut und Blaubär bleibt Käpt’n.
Teil des Spiels
Wie gehen Sie denn mit starker Kritik um?
von Hirschhausen: Am besten stark bis gar nicht. Wer allen gefallen will, hat schon verloren. Wie viele Leute gibt es, die bessere Trainer der Fußballnationalmannschaft wären? Ich würde schätzen 80 Millionen. Wie viele gibt es, die bessere Politiker, Banker und Fernsehmoderatoren wären? Etwa genauso viele. Und einige davon dürfen auch noch ihre Meinung öffentlich kundtun. Das ist Teil des Spiels. Ich zwinge niemanden zum Zuschauen, und ich zwinge mich auch nicht zum Weitermachen, wenn es mir keinen Spaß macht. Ich bin ja in der luxuriösen Lage, nur die Sachen zu machen, die mir Spaß machen.
Und das sind ziemlich viele. Sie sind Sachbuchautor, Kolumnist, Kabarettist, und neben der NDR-Talkshow „Tietjen und Hirschhausen“ präsentieren Sie im Ersten „Frag doch mal die Maus“, die Show „Deutschlands größter Gedächtnistest“ und im Herbst „Das fantastische Quiz vom Körper“. Ist das nicht stressig?
Stärke nutzen
von Hirschhausen: Stressig ist nur das, was man als fremdbestimmt erlebt – also wenn ich einen cholerischen Chef hätte, der mich jeden Tag drangsaliert, wäre ich anders drauf. Es ist tatsächlich so, dass ich ein großes Arbeitspensum habe. Aber dadurch, dass ich nur Sachen mache, hinter denen ich stehen kann und die ich gerne tue, ist es zwar anstrengend, aber nicht stressig. Wenn ich auf den Malediven in der Sonne liegen und mich den ganzen Tag massieren lassen würde, ginge es mir auch nicht besser. Als Glücksexperte weiß ich: Es geht einem dann gut, wenn man etwas Sinnvolles tut, seine Fähigkeiten und Stärken nutzt. Und das tue ich gerade in einem sehr schönen Maß.
Und welches ist Ihr nächster Streich? Gehen Sie auch noch unter die Schauspieler und werden „Tatort“-Kommissar?
von Hirschhausen: Ich bin kein Schauspieler. Sollte ich das jemals vergessen, dürfen Sie mich gerne daran erinnern.
Cornelia Wystrichowski ist freie Journalistin und lebt in Berlin