Post und Konsum - Wo wohne ich nochmal?
Wer ständig pendelt, weiß irgendwann selbst nicht mehr, wo er wohnt. Das macht die Sache mit der Post schwierig, die nie dort landet, wo man selbst gerade ist. Außer im Büro!
07.05.2010
Von Ursula Ott

Meine Woche vom 3. bis 7. Mai

Montag

Anruf vom einzigen Verein, dem ich in Frankfurt angehöre, dem Presseclub. Die Post komme immer zum Absender zurück, ja, wo wohnen Sie denn nun, Frau Ott? Das frag ich mich ja manchmal selber. Mal wohne ich in Köln, aber was soll ein Frankfurter Club mit meiner Kölner Anschrift. Mal übernachte ich in Frankfurt, aber da wechsle ich häufiger die Pendelbude, und mein Name steht auch nicht am Briefkasten. Die Lösung ist klar – mein Arbeitsplatz ist das stabilste an meinem Leben. Und die nette Frau am Postempfang unseres Verlages kennt das schon: sie wird künftig auch noch mein Presseclub-Magazin entgegen nehmen. Sie deponiert ja auch Lego-Star-Wars-Pakete und Teelieferungen, die ich ins Büro schicken lasse, weil zuhause nie einer ist, wenn die Post kommt. Äh, wo war noch mal zuhause?

Dienstag

My office is my castle. So hat sich das der Büromöbel-Ausstatter nicht gedacht, der mir vor Jahren eine Hängeregistratur mit den Buchstaben A bis K und L bis Z in den Schubladenschrank montiert hat. Aber weil das Büro neben meiner Wohnung in Köln und meinem Zimmer in Frankfurt mein Drittwohnsitz ist, hängt über den Buchstabenreitern ein Handykabel. Im Fach drüber, wo eigentlich Ordner stehen sollten, liegt Ersatzwäsche. Und im Büroschrank hängt ein schwarzes Jackett – falls unangemeldet ein Bischof hier vorbei kommt. Und Joggingsachen, falls nach vielen Stunden Büro und Bischof der Kopf raucht. Hauptsache, keiner der Bischöfe macht aus Versehen hier einen Büroschrank auf.

Mittwoch

Wer so viele Wohnsitze hat – und bei uns in der Redaktion sind viele Pendler – belebt enorm die Volkswirtschaft. Wir Pendler kaufen mindestens dreimal die selbe Tagescreme und haben sie dann doch nicht an dem Ort, wo wir sie brauchen. Wir kaufen ständig neue Haarbürsten und Aspirinschachteln. Also, an uns liegt es nicht, wenn die Deutschen zu wenig konsumieren. Eigentlich müsste uns der Finanzminister längst eine Pendlerpauschale anbieten. Nicht für die gefahrenen Kilometer, sondern für den Doppelt- und Dreifachkonsum.

Donnerstag

Der Finanzminister hat das noch nicht verstanden mit dem Potential der Pendler. Aber Rewe. Rewe ist die große Freundin aller Pendlerinnen und Pendler. Rewe gibt es an jeder Ecke, in Frankfurt und Köln und wahrscheinlich auch dem Rest der Welt. Rewe hat bis 22 Uhr geöffnet. Rewe hat eine Filiale neben meinem Fitness-Studio, neben meiner Pendelbude, in der Nähe vom Bahnhof und in der Nähe meiner Kölner Wohnung. Und das beste ist: meine Nivea-Creme steht in jedem Rewe-Markt an derselben Stelle. Und falls in der Nähe vom Büro auch noch ein Rewe-Markt aufmacht, kaufe ich die Creme wahrscheinlich ein viertes Mal, vor lauter Begeisterung, dass irgendwas Bestand hat in meinem Lotterleben. Und sei es nur die Anordnung der Regale in meinem Supermarkt.

Freitag

Pressemitteilung von Rüdiger Grube, dem Bahnchef. Nächste Woche feiert die Bahn ihr 175jähriges. Ich habe diese Woche ganz in Frankfurt verbracht, nächste Woche fahre ich auch wieder mit der Bahn, mal sehn was die sich ausgedacht hat zu ihrem Wiegenfest. Pünktliche Züge? Ich hoffe drauf. Schönes Wochenende!


Über die Autorin:

Ursula Ott, 45, ist stellvertretende Chefredakteurin von chrismon, Chefredakteurin von evangelisch.de, Mutter von zwei Kindern und pendelt täglich zwischen Köln und Frankfurt. www.ursulaott.de.

Neu im Buchhandel: Ursula Ott: "JA TOLL - Geschichten, die immer nur mir passieren", erhältlich im chrismon-shop!

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