Athen: Parlament stimmt Sparpaket zu
Griechenlands Parlament hat abschließend das Sparpaket gebilligt. Ein Ja ist Bedingung für die Bereitstellung der Hilfskredite durch die Euro-Staaten und den IWF.

Ungeachtet massiver Proteste hat das griechische Parlament das umstrittene Sparpaket gebilligt. Es soll das Land vor dem Bankrott bewahren und ist Voraussetzung für die Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Euroländer in Höhe von 110 Milliarden Euro.

172 Abgeordnete stimmten am frühen Donnerstagabend für das Sparprogramm, 121 votierten dagegen, drei enthielten sich. Bei der namentlichen Abstimmung wurde über das Gesetz in seiner Gesamtheit entschieden. An diesem Freitag wird das Paket im Detail debattiert. An der Annahme des Gesamtpakets wird sich deswegen aber nichts mehr ändern.

Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou appellierte in einer emotional geladenen Rede an die Abgeordneten: "Entweder stimmen wir für das Gesetz oder das Land geht Bankrott. Wir werden das nicht erlauben. Wir werden alles tun, damit das Land nicht pleitegeht." Papandreou wird an diesem Freitag zum Griechenland-Sondergipfel der Euroländer in Brüssel erwartet.

Randale in Athen - Tränengas und Schlagstöcke

Die Polizei in Athen hat am Donnerstagabend eine Demonstration von rund 3.000 Menschen vor dem Parlament in Athen unter Einsatz von Schlagstöcken und Tränengas aufgelöst. Sie hatten etwa drei Stunden lang gegen das griechische Sparpaket protestiert. Dabei wurden Polizisten von einzelnen Demonstranten immer wieder mit Knallkörpern und Steinen beworfen. Die Demonstranten flüchteten in die Gassen rund um den Zentralen Syntagma-Platz, wo sich das griechische Parlament befindet. Dort wurde die Polizei mit einigen Brandflaschen angegriffen. Die Lage beruhigte sich aber anschließend, berichteten Reporter vor Ort im Rundfunk.

Die Polizei hatte starke Einheiten im Zentrum der griechischen Hauptstadt zusammengezogen. Überall waren Sicherheitsbeamte zu sehen. Passanten wurden kontrolliert. Der Syntagma-Platz blieb bis zum späten Abend für den Verkehr gesperrt.

Ermittlungen dauern an

Am Mittwoch waren bei blutigen Ausschreitungen drei Menschen ums Leben gekommen. Sie starben in einer von Randalierern mit Molotowcocktails in Brand gesetzten Bank. Aus Furcht vor weiteren Krawallen hatte die Polizeidirektion von Athen rund 2.500 zusätzliche Sicherheitskräfte aus den Provinzen angefordert.

Die Ermittlungen zum verheerenden Brandanschlag auf die Bank gingen indes weiter. Aufnahmen von Überwachungskameras zeigen, dass ein Vermummter zunächst die Scheiben der Bank mit einem Hammer einschlug. Anschließend warfen mindestens drei andere Vermummte Molotowcocktails in das Gebäude. Es werde sehr schwer sein, ihre Identität zu ermitteln, sagten Polizeiexperten. Zahlreiche Menschen legten vor der Bank Blumen nieder und zündeten Kerzen an.

Zwei Frauen im Alter von 32 und 35 Jahren und ein 36-jähriger Mann waren bei dem Brandschlag ums Leben gekommen. Die 32-Jährige war im vierten Monat schwanger.

Deutsche Athen-Hilfe wird auf den Weg gebracht

Bundestag und Bundesrat sollen am Freitag den Weg für die deutschen Griechenland-Hilfen freimachen. Die Zustimmung gilt als sicher. Deutschland beteiligt sich bis 2012 mit bis zu 22,4 Milliarden Euro an der Rettung des Euro-Landes.

Im Bundestag wollen neben den Regierungsfraktionen von Union und FDP auch die Grünen mitziehen. Die SPD kündigte eine Enthaltung an. Die Linke lehnt das Gesetz ab. Direkt nach dem Bundestag stimmen die Länder im Bundesrat ab. Anschließend soll Bundespräsident Horst Köhler das Gesetz unterschreiben.

In Karlsruhe wollen mehrere Ökonomen ihre Klagen gegen das Griechenland-Gesetz beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Sie sehen einen Verstoß gegen die EU-Verträge. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) geht allerdings von einem Scheitern der Klagen aus: "Der Gang nach Karlsruhe wird keinen Erfolg haben", sagte sie der "Passauer Neuen Presse" (Freitag).

Die Bundesregierung sei der Auffassung, "dass hier weder Eigentumsrechte der Beschwerdeführer noch Demokratieprinzipien durch das Gesetz zur Hilfe für Griechenland verletzt sind", sagte die Ministerin. Es gehe auch nicht um Hilfen der Europäischen Union, sondern "um bilaterale Hilfen der Euro-Staaten, deren Parlamente darüber selbstständig entscheiden".

Am Abend beginnt in Brüssel ein Sondergipfel der 16 Euro-Länder. Sie werden über drastische Konsequenzen aus der aktuellen Krise beraten. Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger lobte in der "Financial Times Deutschland" (Freitag) das vom griechischen Parlament beschlossene Sparpaket. Es sei "das weitreichendste Paket zur Haushaltskonsolidierung, das ich in Europa kenne", sagte der frühere Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Nun sei es nötig, den Stabilitäts- und Wachstumspakt zu stärken und die europäischen Instrumente zu verbessern. Die Mitgliedsstaaten müssten zu den Obergrenzen des Maastricht-Vertrages von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) beim Defizit und 60 Prozent bei der Gesamtverschuldung zurückkehren.

Seehofer attackiert EU-Kommission wegen Griechen-Krise

Im Zusammenhang mit der Griechenland-Krise hat Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) die EU-Kommission scharf angegriffen. Seehofer kritisiert, dass Brüssel nicht früher aktiv wurde: "Die Frage, die sich die Kommission gefallen lassen muss, lautet: Wir konnte das passieren?", sagte Seehofer am Freitag. "Hat die Kommission die Lage gesehen und wollte nicht handeln oder wollte sie handeln und konnte nicht?" Die Aufsicht über die griechischen Finanzen habe "offensichtlich nicht funktioniert. Also müssen die Mängel abgestellt werden und zwar schonungslos."

Seehofer verteidigte kurz vor den entscheidenden Abstimmungen in Bundestag und Bundesrat die deutsche Hilfe. Die drei großen Punkte seien die Stabilität der Währung, die Abwehr inflationärer Tendenzen und die unmittelbare Betroffenheit Deutschlands. "Wenn die deutsche Regierung nichts machen und die Griechen sich selbst überlassen würde, hätte das tiefgreifende Auswirkungen auf uns", warnte Seehofer vor negativen wirtschaftlichen Folgen. Dauerhafte finanzielle Unterstützung bedrängter EU-Staaten lehnte Seehofer ab. "Ich möchte keine Transfer-Union. Sonst würden wir neben dem Länderfinanzausgleich noch einen Europa-Ausgleich zahlen. Das kann es doch nicht sein."

Zu den Sparbedingungen für die Griechen sagte der CSU-Chef: "Das Land muss diesen Weg jetzt gehen, auch im eigenen Interesse. Natürlich kommt es entscheidend darauf an, dass Griechenland das auch einhalten kann."

dpa