Bei der Parlamentswahl in Großbritannien haben die Konservativen die Nase vorn und könnten nach 13 Jahren die Labour-Regierung in die Opposition schicken. Jedoch gab sich auch die Partei von Premierminister Gordon Brown trotz herber Verluste nicht geschlagen. Die konservativen Tories und ihr Parteichef David Cameron verbuchten bei der Auszählung der meisten Wahlkreise hohe Gewinne, konnten aber nicht auf eine absolute Mehrheit bauen. Die Regierungsbildung könnte somit zur Hängepartie und zum Poker um die Macht werden.
Bisherige Auszählungsergebnisse
Nach der Auszählung der meisten Wahlkreise in Großbritannien deutet alles darauf hin, dass die Konservativen die stärkste Partei werden - allerdings ohne die absolute Mehrheit zu erreichen. Die BBC rechnete die Stimmen auf der Basis von mehr als 510 ausgezählten Stimmkreisen hoch. Demnach kommen die Tories auf 306 Sitze, Labour lag bei 262 Sitzen und die Liberaldemokraten bei 55. Damit würde es erstmals seit mehr als drei Jahrzehnten zu einer Koalitions- oder Minderheitsregierung in Großbritannien kommen.
Erste Reaktionen
Labour machte noch in der Nacht ihren Machtanspruch deutlich. Wie aus Regierungskreisen verlautete, versucht Brown mit einer Koalition an der Regierung zu bleiben, falls die Parlamentswahl keine klaren Mehrheitsverhältnisse ergibt. Er müsste allerdings nach Lage der Dinge noch weitere Partner ins Boot holen - eine völlig neue Situation im Königreich. Brown ist seit drei Jahren Premier. Er hatte das Amt 2007 von Tony Blair übernommen, der zehn Jahre regiert hatte. Noch in der Nacht wurde spekuliert, wer Brown als Parteichef nachfolgen könnte, falls er gehen müsste. Der Premier verwies in seinem schottischen Wahlkreis Kirkcaldy and Cowdenbeath auf die Erfolge seiner Regierungsarbeit. "Meine Pflicht gegenüber diesem Land wird es nach der Wahl sein, meinen Teil dazu beizutragen, dass Großbritannien eine starke, stabile und richtungsweisende Regierung hat."
Sein Herausforderer Cameron erklärte in seinem Wahlkreis Witney: "Ich glaube, es ist klar, dass die Labour-Regierung ihr Mandat verloren hat, unser Land zu regieren." Auch Ken Clarke, wirtschaftspolitischer Sprecher der Konservativen, sagte: "Gordon Brown kann auf keinen Fall als Premierminister weitermachen. Er hat alle Autorität zum Regieren verloren."
Labours Strippenzieher, Wirtschaftsminister Peter Mandelson, verwies jedoch auf das Recht einer amtierenden britischen Regierung: "Die Regel bei einem Parlament ohne klare Mehrheitsverhältnisse ist, dass nicht die Partei mit der größten Zahl der Sitze als erstes zum Zug kommt, sondern die amtierende Regierung."
Hoher Andrang auf Wahllokale
Für die Prognose hatten die drei großen britischen Fernsehsender BBC, ITV und Sky 18 000 Wähler in 130 Wahllokalen unmittelbar nach der Stimmabgabe befragen lassen.
In einigen Stimmbezirken bahnte sich ein juristisches Nachspiel an. Hunderte Wähler, die sich rechtzeitig in den Schlangen vor den Wahllokalen angestellt hatten, waren nicht mehr zum Zuge weggekommen und wurden weggeschickt. In anderen Wahllokalen gingen derweil wegen des Andrangs die Stimmzettel aus. Die Wahlbeteiligung wurde bei etwa 64 Prozent erwartet - bei der letzten Wahl 2005 waren 61,4 Prozent der Wahlberechtigten zur Urne gegangen.