Damit tritt der Jurist und Journalist Wilhelm zum 1. Februar 2011 die Nachfolge von Thomas Gruber (67) an, der nach neunjähriger Amtszeit den Intendantenposten schon elf Monate vor Vertragsende freimacht. Von 44 gültigen Stimmen im Rundfunkrat entfielen 40 auf Wilhelm; für Erhard stimmten 3 Mitglieder, es gab eine Enthaltung.
Die Berliner Journalisten sind voll des Lobes über Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Er sei "ein Mann von gediegener Gelassenheit", schrieb die "Berliner Zeitung". Stets wahre er die Contenance, lächle freundlich und spreche höflich. Im Gegensatz zu manchem seiner Vorgänger habe Wilhelm auf Belehrungen verzichtet, anstelle von Arroganz setzte er Charme. Zugleich kaschierte der Regierungssprecher damit auf geschickte Weise die häufig dünnen Informationen, die er preisgab. Viel reden, ohne viel zu sagen - diese Kunst beherrscht er perfekt.
Jüngster Intendant
Der 48-jährige Wilhelm ist der jüngste Intendant im ARD-Verbund. Er kennt den Sender, den er künftig leiten wird, auch von innen: 1990 erarbeitete der Absolvent der Münchner Journalistenschule für die Chefredaktion des BR Sendungen zur deutschen Einheit, ehe er 1991 in den Dienst des Bayerischen Staatsministeriums des Innern wechselte. 1998 machte der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) den Parteifreund zu seinem Pressesprecher.
Allgemein wurde Wilhelm bescheinigt, er habe die Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung "effizient und pannenfrei" organisiert. Er habe, schrieb die "Süddeutsche Zeitung", seinen Mentor Stoiber "nicht nur beraten, sondern auch gebremst, wenn es nötig und geboten schien, diskret, stets hinter den Kulissen". Ende 2003 wurde Wilhelm Amtschef im Bayerischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, seit November 2005 ist er Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung sowie Regierungssprecher im Rang eines Staatssekretärs.
Sauberer Job
Die Hauptstadtjournalisten sagen, dass Wilhelm auch in der Großen Koalition einen sauberen Job gemacht habe. Dennoch sei immer klar gewesen, dass er sich Merkel und der Union verpflichtet gefühlt habe, sagt ein Beobachter. Parteipolitisch neutral war Wilhelm nicht, aber ein Glücksgriff für Merkel - darin sind sich die Journalisten einig. Viele Beobachter treibt daher die Frage, wer nach Wilhelm für Merkel spricht, mehr um als jene, ob es nicht ein falsches Signal für die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist, wenn ausgerechnet der Regierungssprecher Intendant einer ARD-Anstalt wird.
Der Journalist und Jurist Wilhelm gilt als Wunschnachfolger des derzeitigen BR-Intendanten Thomas Gruber. Wegen seines guten Rufs und politischen Geschicks wurde er gelegentlich mit Klaus Bölling verglichen, dem Regierungssprecher der sozialliberalen Koalition unter Helmut Schmidt. Dieser ging allerdings den umgekehrten Weg: Er war Intendant von Radio Bremen, ehe er Regierungssprecher wurde.
Klüngelei bei der Wahl?
Nur wenige Rundfunkratsmitglieder hatten die Kandidatur Wilhelms und die "Klüngelei bei der BR-Intendantenwahl" öffentlich kritisiert. Ungeachtet des großen professionellen Erfolgs von Wilhelm und seiner menschlichen Qualitäten sei die Kandidatur des Regierungssprechers eine "Bankrotterklärung für die gesetzlich geforderte Staatsfreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks", schrieben sie. Sein Werdegang sei "offensichtlich viel zu eng mit der CSU, der Bayerischen Staatsregierung und der Bundesregierung verknüpft, um in ihm den dringend notwendigen Garanten für die politische Berichterstattung sehen zu können".
Diejenigen, die Wilhelm gewählt haben, erhoffen sich von ihm, dass er die Stimme des BR im Verbund der ARD stärkt. Mit einem Etat von einer knappen Milliarde Euro ist der BR nach WDR, NDR und SWR der viertgrößte ARD-Sender. Mit gut 3.200 festen Mitarbeitern ist die Anstalt fast sieben Mal so groß wie das Presse- und Informationsamt, das Wilhelm bisher geleitet hat. Dafür wird er, wenn er sein Amt am 1. Februar 2011 antritt, aber auch mehr verdienen als seine bisherige Chefin Angela Merkel.
epd