Wenn von 2011 an mehr Städte und Landkreise Hartz-IV-Empfänger in Eigenregie betreuen, kämen auf die Steuerzahler erhebliche Mehrkosten zu, berichtete die "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag). Dies gehe aus internen Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor, die dem Blatt vorliegen. Zudem stellt die SPD wegen eines Streits mit der Union den mühsam ausgehandelten Kompromiss zu der Reform wieder infrage.
Erhöhung der Zahl der Optionskommunen
Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" legte BA-Chef Frank-Jürgen Weise eine Modellrechnung vor, nach der sich die Ausfälle von Einnahmen und die Mehrausgaben bei einer vollständigen Übernahme der Hartz-IV-Verwaltung durch die sogenannten Optionskommunen auf 3,9 Milliarden Euro belaufen. Bei einer Erhöhung der Zahl der Optionskommunen um mehr als 40 ergebe sich daraus ein rechnerischer Mehrbedarf von knapp 500 Millionen Euro im Jahr.
Die vom Kabinett bereits gebilligte Reform der Jobcenter sieht auf Wunsch vor allem der CDU vor, dass die Zahl der Optionskommunen, die sich um Hartz-IV-Bezieher in Eigenregie kümmern, von bislang 69 auf 110 aufgestockt werden kann.
SPD droht Gesetzentwurf abzulehnen
Für den Erhalt der Jobcenter, in denen Arbeitsagenturen und Kommunen bei der Betreuung der Langzeitarbeitslosen zusammenarbeiten, streben Union, FDP und SPD eine Grundgesetzänderung an. Die Jobcenter waren vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrige Mischverwaltung beanstandet worden. Heute (Donnerstag) findet im Bundestag die erste Lesung dazu statt.
Die SPD drohte am Mittwoch damit, den Gesetzentwurf von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) abzulehnen, sollte die von Union und FDP zugesagte Mittelfreigabe für 3200 bisher befristete Vermittlerstellen in den Arbeitsagenturen nicht zustande kommen. Die erste Lesung des Gesetzentwurfes zur Jobcenter-Reform steht an diesem Donnerstag im Bundestag zur Debatte.
Am Mittwoch hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages die Entfristung der 3200 Stellen kurzfristig von der Tagesordnung abgesetzt. Die schwarz-gelbe Koalition stelle "damit den gesamten Kompromiss infrage", hieß es in der SPD.
Einheitliche Arbeitsvermittlung geschwächt
Bei der Arbeitsmarktexpertin der Linken, Sabine Zimmermann, stoßen besonders die möglichen Mehrkosten durch eine Aufstockung der Optionskommunen auf scharfe Kritik: Durch den Jobcenter-Kompromiss werde die Situation der Erwerbslosen nicht verbessert, aber eine einheitliche Arbeitsvermittlung geschwächt. In der Verfassung werde ein arbeitsmarktpolitischer Flickenteppich festgeschrieben, der auch noch den Steuerzahler teuer zu stehen kommt, sagte Zimmermann der "Süddeutschen Zeitung" .
Weise berufe sich auch auf eine Untersuchung, bei der im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums die Leistungsfähigkeit der Jobcenter mit denen der Kommunen verglichen wurde. Laut dem Bericht vom Dezember 2008 gelingt es den Jobcentern besser, den Hartz-IV- Beziehern zu helfen und ihnen einen Job zu verschaffen. Die kommunalen Träger verursachten hingegen einen fiskalischen Verlust von im Schnitt 63 Euro pro Monat und Bedarfsgemeinschaft, also Hartz-IV-Haushalt.