Ölpest-Rede lässt Betroffene kalt
US-Präsident Barack Obama hat harte Worte gegen die Ölindustrie fallen lassen, aber die von der Ölpest betroffenen Fischer an der Küste der USA warten immer noch auf Unterstützung. Die Regierung scheint ebenso ratlos wie der Ölkonzern BP, der bisher noch keinen Weg gefunden hat, das Öl zu stoppen.
03.05.2010
Von Peer Meinert

Selten wirkte US-Präsident Barack Obama so angriffslustig wie bei seiner Rede zum Öldesaster. Seine Worte klingen rau, seine Sätze sind schneidend, seine Miene ist wie versteinert. Der Schlüsselsatz seiner Rede ist eiskalt wie ein Zahlungsbefehl: "Lassen Sie mich es ganz klar sagen: BP ist verantwortlich für das Leck. BP wird die Rechnung bezahlen." Das sind neue Töne in Washington, bislang ging man dort mit der Ölindustrie eher pfleglich um.

Gerade mal ein paar Stunden dauerte Obamas sonntäglicher PR-Trip ins Krisengebiet von Louisiana. Einfliegen, Rede halten, ein paar Helfern der Küstenwache die Hand schütteln - natürlich alles vor laufenden Kameras. Das muss reichen, um den Verdacht zu entkräften, er kümmere sich nicht genügend.

Waylon Buras lässt das am verregneten Montagmorgen ziemlich kalt. Obamas Rede? Shrimp-Fischer Buras zuckt nur mit den Schultern. "I want to see action", sagt der 33-Jährige, und das klingt wie ein Ultimatum: Der Mann will Konkretes. "Nach dem Erdbeben in Haiti hat Obama zwei Tage danach Hilfen geschickt." Hier im Fischerhafen von Venice ist zwei Wochen nach der Explosion der Bohrinsel "Deepwater Horizon" von konkreten Finanzspritzen nicht mal die Rede. Seine Kollegen nicken.

Eine Stahlkuppel soll das Öl sichern

Hilflosigkeit, Ratlosigkeit auf allen Seiten: Auch am Montag hielt das stürmische Wetter vor der Golfküste zunächst noch an. Der Ölteppich befand sich etwa acht bis 14 Kilometer vor der Küste. Noch immer wissen die Ölexperten von BP nicht, wie das Leck im Golf von Mexiko zu schließen sei. BP-Chef Tony Hayward spricht mittlerweile öffentlich vom "worst case scenario". Es könnte zwei bis drei Monate dauern, das Leck in 1.500 Metern Tiefe zu stopfen.

Doch erst Mal versuchen die Öl-Experten, auf anderem Wege Entlastung: Eine riesige Kuppel aus Stahl und Beton soll über das Leck am Meeresboden gestülpt werden, um das Öl aufzufangen. Doch selbst Öl-Manager warnen vor allzu großem Optimismus. Niemals zuvor wurde diese Methode in so großer Tiefe angewendet. "Das ist, als würde man in 5.000 Fuß Tiefe eine Operation am offenen Herzen vollziehen, in der Finsternis und mit Roboter-gesteuerten Mini-U-Booten", meint Lamar McKay, Chef von BP-Amerika. Klingt nicht gerade ermutigend.

Buras kommt das alles spanisch vor: "Alles nur Versprechungen, alles nur Gerüchte." Die "Ölleute", wie er die Verantwortlichen nennt, hätten doch immer versprochen, alles sei sicher. Nun liegt Buras Boot "Miss Carmine" schon seit Tagen im Hafen, die Männer dürfen nicht mehr rausfahren, die Behörden haben die Gewässer gesperrt. "Wenn die Shrimpbestände betroffen werden, dauert es Jahre, bis sie sich wieder erholt haben."

Abdichten ja, aber wann und wie?

"Obama Send Help!!!" stand auf einem Plakat am Highway 23, als Obama ins Krisengebiet fuhr. Doch viele Menschen haben die Hoffnung schon verloren. Wie meinte Innenminister Ken Salzar? "Ich bin zuversichtlich, dass das Leck abgedichtet werden kann". Dann machte er eine kleine Pause und fügte hinzu: "Die Frage ist nur, wann das geschehen kann."

Kein Zweifel: BP, der britische Ölriese, steht zunehmend in der Kritik. Zurzeit kostet BP die Bekämpfung des Desasters täglich 6,5 Millionen Dollar (4,9 Millionen Euro). Doch das ist nur der Anfang: Das Pentagon signalisiert, dass BP den Einsatz der Nationalgarde in Louisiana bezahlen müsse. Die Umweltschutzbehörde will die Ausgaben für die Luftüberwachung zurückhaben. Und dann gibt es noch Forderungen, BP müsse für die Verluste der Fischer und der Tourismusindustrie aufkommen. "Es gibt genügend Anwälte, die warten", sagt ein Fischer in Venice. Sammelklagen samt schwindelerregender Forderungen haben in den USA häufig gute Chancen.

BP-Chef Hayward hat bereits die Verantwortung übernommen: "Wenn Leute legitime Schadenersatzforderungen stellen, werden wir sie akzeptieren." Die Betonung lag wohl auf "legitime".

dpa