Nach Erkenntnissen von Forschern verdreifachte sich die Ausdehnung des Ölteppichs binnen weniger Tage. Satellitenbilder zeigten, dass sich die Fläche von rund 3000 Quadratkilometer auf bis zu 9.800 vergrößert habe, sagte der deutsche Professor für Meeresphysik an der Universität von Miami, Hans Gräber. Das entspricht in etwa der halben Fläche Hessens.
Der Chef der US-Küstenwache, Admiral Thad Allen, sagte am Samstagnachmittag (Ortszeit), in den nächsten 72 bis 96 Stunden sei voraussichtlich mit dem Eintreffen des Öls an den Küsten der Bundesstaaten Mississippi und Alabama zu rechnen. Alles hänge jedoch von der Wetterlage und den Windrichtungen ab. Aus Louisiana habe es zunächst keine Berichte gegeben, dass an der dortigen Küste schwereres Öl angelandet sei, sagte Allan, der am Samstag zum Einsatzchef im Kampf gegen die Ölpest ernannt worden war. Am Samstag hatten zudem nach den US-Staaten Louisiana und Florida auch Alabama und Mississippi den Notstand ausgerufen.
Starke Winde und heftiger Seegang hatten am Samstag den Kampf der Einsatzkräfte gegen die Ölpest auf dem Meer behindert. Südliche Winde drückten das Öl zudem weiter in Richtung der US-Golfküste. Dort sind hochempfindliche Ökosysteme bedroht. Auch die wichtige Fischerei-Industrie bangt um ihre Existenz. Umweltschützer befürchten unterdessen ein noch schlimmeres Ausmaß als das der "Exxon-Valdez"-Katastrophe. Die Havarie des Tankers 1989 vor Alaska gilt als bisher größte Umweltkatastrophe in der US-Geschichte.
Vom Wind abhängig
Grund für die massive Vergrößerung der Ölteppich-Fläche, die vom 26. bis 29. April beobachtet wurde, könnte laut Meeresphysiker Gräber sein, dass mehr Öl austrete als angenommen. Denkbare Ursache sei aber auch der inzwischen stärkere und drehende Wind. "Wenn der Wind wechselt, breitet sich der Ölteppich aus", sagte der Direktor des Satellitenzentrums am Rosenstiel-Institut für Meeres- und Atmosphärenforschung der Universität in Miami (Florida).
Das Weiße Haus hatte die Reise Obamas an die Golfküste angekündigt, nachdem die öffentliche Kritik am Vorgehen der Regierung im Kampf gegen das Öl immer lauter geworden war. "Die Bundesregierung hatte Gelegenheit, schneller zu handeln, hat das aber nicht getan, weil sie auf eine Lösung seitens BP gewartet hat", schrieb die liberale "New York Times" am Samstag.
Tausende Helfer im Einsatz
Auslöser der Katastrophe war der Untergang der BP-Bohrinsel "Deepwater Horizon" in der vorvergangenen Woche. Seitdem tritt Rohöl in 1500 Metern Tiefe aus mehreren Lecks aus. Tausende Helfer sind im Einsatz, 300 Schiffe und Flugzeuge stehen bereit. Nach Schätzungen der US-Behörden laufen täglich etwa 700 Tonnen Öl ins Meer. Wenn es weiter in diesen Mengen sprudelt, dauert es keine zwei Monate, bis das Ausmaß des "Exxon-Valdez"-Unglücks erreicht ist.