Apartheid? USA streiten über neues Einwanderungsrecht
Auf der politischen Agenda in Washington steht nach der umstrittenen Gesundheitsreform ein weiteres kontroverses Thema im Blickpunkt: eine Reform des Einwanderungsrechts.
30.04.2010
Von Konrad Ege

Den Anstoß gab der Bundesstaat Arizona, der in der vergangenen Woche ein Gesetz zur Einwanderungskontrolle beschloss. Die Befürworter halten es für notwendig, um die Kriminalität zu bekämpfen. Bürgerrechtler fühlen sich dagegen an "Apartheid" erinnert. Zu den Kritikern des Gesetzes zählt auch US-Präsident Barack Obama.

Seit Jahren wird in den USA über das Thema Einwanderung diskutiert. Rund elf Millionen Menschen leben ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung in den USA. Eine Reform scheiterte bisher vor allem an der Frage, was mit den illegalen Einwanderern geschehen soll. Republikanische Politiker wollen sie nicht mit einer Aufenthaltsgenehmigung "belohnen". Die Wirtschaft ist jedoch froh über die billigen Arbeitskräfte.

Präsident Obama setzt nun offenbar darauf, viele der "Illegalen" nach und nach zu integrieren. Manche müssten allerdings eine Geldbuße entrichten. Gleichzeitig soll der Grenzschutz verstärkt werden, um die illegale Einwanderung zu stoppen. Nach einem Plan der Demokraten im Senat würden Einwanderer mit hoher Bildung bevorzugt behandelt. Viele andere bekämen nur befristete Aufenthaltsgenehmigungen. Zudem soll landesweit eine High-Tech-Kennkarte mit biometrischen Daten eingeführt werden, die bei der Arbeitssuche vorgelegt werden muss.

In Arizona leben 6,5 Millionen Einwohner, von denen knapp ein Drittel aus Mexiko und anderen lateinamerikanischen Staaten stammt. Der Bundesstaat im Südwesten der USA hat eine 600 Kilometer lange Grenze zu Mexiko. 400.000 Menschen sollen illegal über die Grenze gekommen sein. Nach dem neuen Gesetz, das frühestens in drei Monaten in Kraft tritt, darf die Polizei bei "angemessenem Verdacht" des illegalen Aufenthalts Passanten anhalten und sogar festnehmen, um Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsgenehmigung zu prüfen.

McCain: Landesgrenze zu durchlässig

Arizona habe handeln müssen, weil die nationale Regierung nicht genug zur Einwanderungskontrolle tue, erklärte Arizonas Gouverneurin Jan Brewer. Auch John McCain, Senator von Arizona, bezeichnete das Gesetz als notwendig für die nationale Sicherheit. Die Landesgrenze sei zu durchlässig und die Gewaltkriminalität in der Grenzregion schlimmer als je zuvor, argumentierte der unterlegene Präsidentschaftskandidat der Republikaner von 2008.

Bürgerrechtler und kirchliche Verbände sehen dagegen in dem Gesetz eine Maßnahme, die an "Apartheid" erinnert. Das Gesetz führe dazu, dass aus Lateinamerika stammende Einwanderer (Hispanics) wie "Bürger zweiter Klasse" behandelt würden, sagte Rabbiner Marvin Hier vom Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles.

Freihandel zerstört Existenzen

Der Migrationsexperte Roberto Rodriguez von der Universität von Arizona in Phoenix verweist darauf, dass für die Einwanderung vor allem wirtschaftliche Faktoren ausschlaggebend sind. Der Freihandel mit den USA habe vielen Bauern in Mexiko die Existenzgrundlage geraubt. Rodriguez begrüßt Obamas Aufruf zum Handeln, hält diesen allerdings für überfällig. Der Demokrat Obama, der auch mit den Stimmen der Hispanics Präsident geworden sei, habe zwar eine Einwanderungsreform versprochen. Aber bisher sei wenig geschehen.

epd