Heftige Attacken bei Spitzenkandidaten-TV-Runde
Elf Tage vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen haben sich die Spitzenkandidaten der Parteien einen heftigen Schlagabtausch geliefert.

Ihre Fernsehdebatte verlief am Mittwochabend deutlich hitziger als das TV-Duell zwischen Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft. Rüttgers und Kraft attackierten sich schärfer als am vergangenen Montag.

An der von WDR übertragenen Diskussion nahmen neben Rüttgers und Kraft der FDP-Landesvorsitzende Andreas Pinkwart, die Grünen- Fraktionsvorsitzende Sylvia Löhrmann und der Landevorsitzende der Linkspartei, Wolfgang Zimmermann, teil.

Kraft: "Wir wollen keine Hau-Ruck-Reform"

Besonders heftig stritten die Fünf über die Schulpolitik. Rüttgers warf SPD und Grünen vor, mit ihren Plänen für ein längeres gemeinsames Lernen aller Kinder ein "Schulchaos" auszulösen. Wenn sich die Opposition durchsetze, könnten Familien nicht mehr von einer in die andere Stadt umziehen. Pinkwart warf Kraft Gleichmacherei in der Bildungspolitik vor. "Sie wollen alle gleich schlecht, wir wollen viele möglichst gut", sagte er.

Die SPD-Chefin nannte Reformen unumgänglich, weil im mehrgliedrigen Schulsystem "Aufstieg durch Bildung" nicht mehr möglich sei. Löhrmann sprach sich für einen schrittweisen Umbau des Schulsystems aus. Die Entscheidungen sollten die Kommunen und Schulen treffen. "Wir wollen keine Hau-Ruck-Reform", sagte sie. Darin unterschieden sich die Grünen von der Linkspartei.

Pinkwart und Rüttgers verteidigten die von der CDU/FDP- Landesregierung eingeführten Studiengebühren. Kraft will sie bis Mitte der nächsten Legislaturperiode schrittweise wieder abschaffen. Zimmermann forderte die sofortige Streichung der Gebühren. Die Ausfälle bei den Hochschulen könnten durch Einnahmen aus einer Millionärssteuer ausgeglichen werden, sagte der Linken-Landeschef. Er forderte die Wiedereinführung der Vermögensteuer und einen höheren Spitzensteuersatz.

Umfrage: Weder CDU/FDP noch SPD/Grüne haben Mehrheit

In der Koalitionsfrage wiederholten Rüttgers, Kraft und Löhrmann ihre bekannten Positionen. Der Ministerpräsident warb für eine Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition, ohne eine Bündnis mit den Grünen oder eine große Koalition auszuschließen. Kraft nannte die Linke erneut nicht koalitionsfähig, sagte aber weiterhin nicht ausdrücklich Nein zu einer Zusammenarbeit. Löhrmann warb für Verständnis, dass sich die Parteien angesichts unklarer Mehrheitsverhältnisse flexibler sein müssten als früher. Zimmermann bekräftigte die Bereitschaft der Linken, sich an einer Koalition mit SPD und Grünen zu beteiligen.

In Meinungsumfragen haben derzeit weder CDU/FDP noch SPD/Grüne eine Mehrheit. In einer neuen Forsa-Umfrage erreichen CDU und FDP zusammen unverändert 46 Prozent, SPD und Grüne erhalten gemeinsam weiterhin 43 Prozent, wie das Magazin "Stern" berichtete. Für die Linke wollen 6 Prozent der Befragten stimmen. Die Umfrage berücksichtigte noch nicht das TV-Duell von Rüttgers und Kraft.

dpa