Griechenland braucht mehr Geld - Spanien herabgestuft
Griechenland braucht zur Abwehr einer Staatspleite in diesem Jahr viel mehr Geld als die bisher bekannten 45 Milliarden Euro. Da auch Portugal mit großen Problemen kämpft, stehen EU und IWF unter Druck, eine Kettenreaktion zu vermeiden. Mittlerweile wurde auch Spanien herabgestuft.

Die Krise der Euro-Zone hat sich massiv verschärft. Nach Griechenland und Portugal stufte die Ratingagentur Standard & Poor's am Mittwoch auch Spanien herab. Damit wächst die Angst vor einem Dominoeffekt, der auch noch andere schwächelnde Mitglieder der Euro-Zone in Schwierigkeiten bringen könnte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versicherte, dass Deutschland seinen Verpflichtungen für die Stabilität des Euro-Raumes nachkomme. Zudem wurde am Mittwoch bekannt, dass Griechenland zur Abwehr einer Staatspleite in den nächsten Jahren deutlich mehr Geld braucht als bisher angenommen.

Bis zu 30 Milliarden Euro für Deutschland

Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sprach in Brasilien von insgesamt 135 Milliarden Euro Finanzierungsbedarf bis 2012. Die Opposition ging nach Treffen mit dem Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, von bis zu 120 Milliarden Euro Konsolidierungsbedarf aus. Auf Deutschland kommen nach Angaben Brüderles 25 bis 30 Milliarden in diesem Zeitraum zu.

EU und IWF teilen sich die Summe nach bisheriger Verabredung im Verhältnis 2:1. Die EU sollte bisher 30 Milliarden in diesem Jahr tragen, der IWF bis zu 15 Milliarden Euro. Die jährliche Belastung für Deutschland liege aktuell bei 8,4 Milliarden Euro. Die Risiken könnten aber weit größer sein: "Ich kann nicht ausschließen, dass es ein höherer Betrag wird", sagte Brüderle in Sao Paulo.

Aus Regierungskreisen war zu erfahren, dass EU und IWF ihre Hilfe deutlich aufstocken müssten. Schon in diesem Jahr sei ein zusätzlicher zweistelliger Milliarden-Betrag nötig. In der FDP hieß es, die von der Opposition verbreiteten Zahlen seien so in den Gesprächen weder von Strauss-Kahn noch von Trichet genannt worden.

Märkte reagieren

Die Finanzkrise der Griechen spitzte sich zu, nachdem griechische Staatsanleihen am Dienstagabend von der Ratingagentur Standard & Poor's auf Ramschniveau heruntergestuft worden waren. Zusätzliche Hektik löste die Nachricht aus, dass auch Portugal erneut herabgestuft wurde. Spanien kämpft zwar auch mit einem erheblichen Defizit, wird aber noch deutlich besser als die beiden anderen südeuropäischen Länder bewertet.

International erlitten die Aktienmärkte Verluste. Der Euro fiel auf einen der niedrigsten Stände seit einem Jahr. "Die Märkte sind mit voller Wucht von der Problematik in den angeschlagenen EU-Ländern getroffen worden", sagte Chefhändler Matthias Jasper von der WGZ Bank.

IWF und EZB setzen Griechenland massiv unter Druck, schnell ein Drei-Jahres-Sparpaket zu schnüren. Es sei extrem wichtig, dass die Gespräche in Athen innerhalb der nächsten Tage beendet würden, sagte Trichet bei einer Pressekonferenz mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Strauss-Kahn sagte nach einem Treffen mit Merkel auf eine entsprechende Frage, es habe noch kein IWF-Programm gegeben, das nicht zurückgezahlt worden sei.

Schäuble gegen Bankenbeteiligung

Die Bundesregierung richtete einen Krisenstab ein. Schäuble warb bei den Fraktionen um schnelle Zustimmung zu einer Gesetzesvorlage, die die Staatsbank KfW zur Zahlung der Griechenlandhilfen ermächtigt. Bereits am Montag könnte das Kabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschieden.

In das Gesetzgebungsverfahren müsse dann auch der Bundesrat einbezogen werden, der am Freitag kommender Woche eine Sitzung habe, sagte Schäuble. Die Grünen signalisierten inzwischen, diesen Zeitplan zu akzeptieren - falls die notwendige Transparenz eingehalten werde. Die Bundesregierung lehnt eine Bankenbeteiligung am Rettungsplan ab. Von den deutschen Finanzkonzernen ist vor allem der verstaatlichte Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) mit an die acht Milliarden Euro in Griechenland engagiert.

Athen braucht bis spätestens 19. Mai um die neun Milliarden Euro, um Anleihen zu bedienen. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy kündigte einen Eurozonen-Gipfel für den 10. Mai an. Bei einer Pressekonferenz in Tokio bemühte er sich um Beruhigung der Lage. "Die Verhandlungen sind auf dem richtigen Weg." Es sei keine Rede von einer Umschuldung.

Gabriel will Finanzmarktsteuer

Eine kleine Kabinettsrunde unter Leitung von Merkel traf sich am Mittwochvormittag in Berlin zur Beratung über das weitere Vorgehen. Danach verlautete, es bleibe bei dem vereinbarten Fahrplan, dass zunächst der IWF und die EZB mit Griechenland über einen Drei-Jahres-Sparplan verhandelten und die Ergebnisse dann bewertet würden.

SPD-Chef Sigmar Gabriel schlug vor, die deutschen Hilfen für Griechenland durch eine Finanzmarktsteuer zu bezahlen. So würden auch die "Zocker und Spekulanten" an den Kosten der von ihnen verursachten Krise beteiligt, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Eine solche Abgabe von 0,05 bis 1 Prozent auf alle Finanzprodukte bedeute allein für Deutschland Einnahmen von 14 Milliarden Euro im Jahr.

Das auch noch von einer Streikwelle erschütterte Portugal will seinen Sanierungsplan beschleunigen, nachdem auch seine Kreditwürdigkeit erneut herabgesetzt wurde. Verschiedene, für 2011 geplante Maßnahmen sollen schon in diesem Jahr in Kraft gesetzt werden.

dpa