Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) erklärte den Streit um Kreuze an Schulen im Vorfeld der Vereidigung für beendet und verteidigte die Ernennung der jungen CDU-Politikerin aus Hamburg. "Frau Özkan akzeptiert, dass in Niedersachsen in den Schulen Kreuze willkommen und gewünscht sind. Sie trägt diese Linie mit. Damit ist das Thema erledigt", sagte der Regierungschef. Die 38-Jährige hatte am Montag in der CDU-Landtagsfraktion erklärt, sie bedauere die Irritationen.
CSU: Kruzifix-Verbot "völlig indiskutabel"
Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) widersprach Özkans Aussagen und sagte: "Was die religiöse Neutralität angeht, habe ich eine grundsätzlich andere Auffassung. Ich sage ganz klar: In den Schulen Nordrhein-Westfalens bleiben die Kreuze hängen." Kritik an Özkan kam auch von den Kirchen. Die neue Ministerin hatte am Wochenende gesagt: "Christliche Symbole gehören nicht an staatliche Schulen." Die Einrichtungen sollten ein neutraler Ort sein.
Özkans Forderung ist aus Sicht des evangelischen Ökumenebischofs Friedrich Weber "gut gemeint, aber schlecht gemacht". Vermutlich seien die Äußerungen vor allem an die Muslime gerichtet, sagte der braunschweigische Landesbischof dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Unionspolitikerin habe Menschen mit Migrationshintergrund deutlich machen wollen, dass Staat und Religion in Deutschland getrennt seien. Als künftige Sozialministerin habe Özkan allerdings kein Mandat, sich zu einer Frage zu äußern, für die das Kultusministerium zuständig sei.
Der Präsident des Zentralkomitees der Katholiken, Alois Glück, sagte bei "Focus Online": "Mit diesen Äußerungen ist ihr Start als Ministerin schwer belastet." Sie müsse dafür sorgen, dass nicht erneut Verunsicherung aufkomme. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bezeichnete ein Kruzifix-Verbot als "völlig indiskutabel". "Ich erwarte den nötigen Respekt vor unserer christlichen Tradition", sagte Herrmann der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag).
Weitere drei Minister werden vereidigt
In der FDP bekam Özkan für ihre Äußerung aber auch Zustimmung. Der integrationspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Serkan Tören, sagte, Özkan habe nichts anderes getan, als auf die geltende Rechtslage nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1995 hinzuweisen. Seit Jahren beschäftigt der Streit um Schulkreuze die Gerichte. Rückendeckung kam auch von der Linken: "Frau Özkan hat ausgesprochen, was viele Menschen denken", betonte Vorstandsmitglied Bodo Ramelow. Der Umgang mit ihr zeige, dass westdeutsche Tabus bis heute nicht angefasst würden.
Im niedersächsischen Landtag werden an diesem Dienstag neben Özkan noch drei neue Minister vereidigt: Johanna Wanka (Wissenschaft), Astrid Grotelüschen (Agrar) und Bernd Althusmann (Kultus). Ministerpräsident Wulff erhofft sich mit der Umbildung seines Kabinetts eine Aufbruchstimmung und neue Ideen.