Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) gibt nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" den Airlines eine Mitschuld, weil sie wichtige Regelungen für einen Katastrophenfall nicht im Blick gehabt hätten. Von der weltgrößten Rückversicherung Munich Re heißt es außerdem, die Fluggesellschaften hätten es verpasst, sich gegen Ausfälle im Fall von Aschewolken zu versichern, obwohl dies möglich sei.
Nachdem die Aschewolke des Vulkans nicht mehr nach Europa treibt, ist jetzt Islands wichtigster internationaler Flugplatz Keflavik wegen der Wolke aus dem Vulkan am Eyjafjalla-Gletscher bis mindestens Dienstag geschlossen. Das teilten am Sonntag die Behörden in Reykjavik mit. Der Luftraum zwischen dem Gletschervulkan und der Hauptstadt sowie dem 50 Kilometer westlich von Reykjavik gelegenen Keflavik wurde erstmals Ende der Woche gesperrt.
Grenzwert verzweifelt gesucht
Ramsauers Kritik an den Fluggesellschaften bezieht sich laut "Spiegel" auf eine Leitlinie der internationalen Luftsicherheitsbehörde ICAO, in der nicht geregelt sei, ab welcher Aschepartikel-Konzentration in der Atmosphäre wieder geflogen werden darf. An ihr sei auch die Lufthansa beteiligt gewesen. "Die ist unter Beteiligung der Verbände, insbesondere der IATA, und damit der Fluggesellschaften zustande gekommen", soll Ramsauer Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber am Telefon vorgehalten haben.
Dem Bericht zufolge waren es vor allem die Triebwerkshersteller, die einen Grenzwert für Vulkanasche nicht benennen konnten. Erst unter dem Eindruck der Luftraumsperrungen sei es dem Flugzeugbauer Airbus gelungen, die Hersteller zu einem solchen Grenzwert zu drängen. Bei einem Sondertreffen der EU-Verkehrsminister soll kommende Woche über europaweite Grenzwerte beraten werden.
Hat die Politik überreagiert?
Auch der Rückversicherer Munich Re geht die Fluggesellschaften an. Die Leiterin der Flugsparte bei Munich Re, Renate Strasser, sagte dem Magazin "Focus", wetterbedingte Betriebsunterbrechungen, zu denen neben Nebel oder Schnee auch Folgen einer Vulkanaschewolke zählten, "könnten versichert werden". Es habe dazu bereits Gespräche mit Airlines gegeben, "jedoch keine Abschlüsse".
Viele Airlines verlangen wegen ihrer Einnahmeausfälle Staatshilfe. Richard Branson, der Chef der Fluggesellschaft Virgin Atlantic, forderte in London, die Luftfahrtindustrie müsse entschädigt werden. Seine Airline habe in den sechs Tagen der Luftraumsperrungen umgerechnet etwa 57 Millionen Euro Verlust gemacht. Hauseigene Experten hätten jedoch verdeutlicht, dass es keine große Gefahr gegeben habe. Die Regierung habe überreagiert und müsse nun dafür aufkommen.
Milliardenschaden
Der Weltluftfahrtverband IATA bezifferte die Einnahmeausfälle aller Airlines bereits vor Tagen auf mindestens knapp 1,3 Milliarden Euro. Insgesamt belaufen sich die Verluste für Airlines, Flughäfen und für die gesamte Wirtschaft wegen Produktionsausfällen auf mehrere Milliarden Euro.
In Island wird wegen der deutlich schwächeren Aktivität des Vulkans und einem geringeren Ascheanteil in der Rauchwolke nicht mit Problemen für die etwa 120 000 Bewohner von Islands Hauptstadt gerechnet. Ein Teil des internationalen Luftverkehrs von und nach Keflavik wird während der Sperrung auf den Flugplatz Akureyri im Norden der Atalantik-Insel umgeleitet.