Die griechische Regierung greift zum finanziellen Rettungsring: Athen wird die angebotene Hilfe von Internationalem Währungsfonds und EU beantragen. "Ich habe die entsprechende Anweisung an das Finanzministerium gegeben", sagte der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou am Freitag in einer Fernsehansprache an das griechische Volk.
EU will schnell prüfen
Am Vortag war bekannt geworden, dass die Finanzlage Griechenlands noch prekärer ist als bisher bekannt. Im vergangenen Jahr belief sich das Haushaltsdefizit auf 13,6 Prozent der Wirtschaftsleistung. Der Schuldenberg wuchs auf 273 Milliarden Euro - das entsprach 115 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und lag weit über dem von der EU erlaubten Gesamtschuldenstand von 60 Prozent.
Die EU-Kommission wird den Antrag so rasch wie möglich prüfen. "Die Analyse wird sicher keine Wochen, sondern Tage dauern", sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn am Freitag in Brüssel. Das Schreiben habe nur drei Zeilen, sagte Rehn weiter. Athen beziehe sich darin auf den Hilfsmechanismus und bitte um Unterstützung. Der Antrag sei an den Chef der Euro-Gruppe, den luxemburgischen Premier Jean-Claude Juncker, und an den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, adressiert. "Es steht alles bereit, um die Stabilität des Euro-Raums zu bewahren und Griechenland zu helfen", sagte der Sprecher. Der Mechanismus laufe nun automatisch ab.
In einem ersten Schritt werde die Kommission gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank (EZB) die Bitte prüfen und eine Empfehlung aussprechen. Auf dieser Grundlage müssten dann in einem zweiten Schritt die Euro-Länder über die Zahlung der Hilfen entscheiden. Dies könne telefonisch oder bei einem Treffen geschehen. Ein Datum dafür gebe es nicht.
Nur zwei Milliarden in den Kassen
Die EU stehe in engem Kontakt mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der ebenfalls Geld bereitstellen soll. "Kommissar Rehn ist derzeit in Washington und arbeitet Hand in Hand mit dem IWF. Alles läuft sehr schnell ab", sagte der Kommissionssprecher.
Es geht bei dem kombinierten EU-IWF Hilfspaket um insgesamt 45 Milliarden Euro. Bis 19. Mai müssen rund elf Milliarden Euro aufgetan werden, um einen Teil der Kredite zu bedienen. In den öffentlichen Kassen seien nur zwei Milliarden Euro. Medien sahen immer mehr die dunklen Wolken eines Bankrotts heraufziehen.
Papandreou sprach von der kleinen Mittelmeerinsel Megisti (Kastelorizo) aus. Dabei war seine Rede sehr emotional. Die Griechen erwarte eine "neue Odyssee", sagte er. "Wir kennen aber den Weg nach Ithaka", fügte Papandreou hinzu. Zur Erklärung meinte Papandreou, dass die Hoffnung, die internationalen Märkte würden positiv auf das griechische Sparprogramm und die Hilfeplan der EU reagieren, habe sich nicht erfüllt. Griechenland laufe Gefahr, dass wegen der Spekulanten alle Sparanstrengungen zunichte gemacht werden. Aus diesem Grund sei Athen gezwungen, jetzt schon zu handeln.
Griechische Börsen steigen
Die Euro-Länder wollen Athen mit bis zu 30 Milliarden Euro im ersten Jahr unter die Arme greifen - Deutschland würde davon bis zu 8,4 Milliarden Euro übernehmen. Auf den IWF könnten zusätzlich bis zu 15 Milliarden Euro zukommen. In Athen verhandeln Experten des IWF, der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Europäischen Kommission über die Modalitäten zur Hilfeleistung. Nach der Erklärung Papandreous stieg die griechische Börse um vier Prozent. Ziel der Regierung in Athen bleibt es, in diesem Jahr das Staatsdefizit um vier Prozent zu drücken.
Die Bundesregierung sieht sich bei einem Antrag Griechenlands grundsätzlich handlungsbereit. Der Sprecher des Finanzministeriums, Michael Offer, sagte in Berlin allerdings, der Antrag müsse zuerst von der Europäischen Zentralbank (EZB) und IWF als berechtigt anerkannt werden. Zudem sei ein fertiges IWF-Programm vorzulegen.
Der Sprecher wies darauf hin, dass die schwarz-gelbe Koalition schnell reagieren könne, um die Hilfe in eine Gesetzesvorlage zu gießen. Allerdings bestehe noch kein akuter Finanzierungsbedarf, da die Finanzierung bis Mai stehe.