Mixa-Rücktritt: Reiner Tisch statt reines Herz
Walter Mixa zieht die Konsequenzen aus der Ohrfeigen-Affäre und bietet seinen Rücktritt an. Der Augsburger Bischof ist Opfer der durch die Missbrauchsdebatte aufgeheizten öffentlichen Stimmung und seiner eigenen Überheblichkeit geworden.
22.04.2010
Von Bernd Buchner

Der Vorgang ist beispiellos in der jüngeren deutschen Kirchengeschichte. Drei Wochen lang bestimmte die Ohrfeigen-Affäre um Bischof Walter Mixa die öffentliche Diskussion in Deutschland – nun beugt sich der Augsburger katholische Oberhirte dem Druck, den zuletzt auch seine eigenen Amtsbrüder auf ihn ausübten. Mixa will reinen Tisch machen, hat Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt angeboten. Dieser wird das Gesuch mit großer Sicherheit annehmen, wenn auch nicht sofort.

Was diese Angelegenheit so hat eskalieren lassen, sind keineswegs nur die Ohrfeigen und Schläge, mit denen der damalige Schrobenhausener Stadtpfarrer Mixa Heimkinder traktiert haben soll. Es ist vielmehr die vollkommen unangemessene Reaktion des Bischofs auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Erst stritt er alles ab, ließ den Betroffenen sogar juristische Schritte androhen. Dann wiederum wollte er einzelne "Watschn", wie man in Bayern beschönigend sagt, nicht ausschließen und ließ ein schwammiges Bedauern folgen.

Bischofsring aus der Stiftungskasse

Doch es blieb nicht beim Vorwurf der Handgreiflichkeiten. So unnachsichtig sich Mixa gegenüber den Kindern gab, so großzügig ging er offenbar mit dem Geld der Schrobenhausener Waisenhausstiftung um. Er ließ teure Möbel und Kunstgegenstände anschaffen, damit die Kinder "durch eine entsprechende Ausgestaltung des Hauses ein Gespür für Kunstwerke und für das Schöne entwickeln sollten". Auch Weinlieferungen, der Einbau eines Solariums und später gar Mixas Bischofsring wurden aus der Stiftungskasse bezahlt.

Hat er geschlagen oder nicht? Wozu Wein und ein Solarium für ein Kinderheim? Immer neue Einzelheiten kamen ans Licht, immer stärker schüttelten selbst Wohlmeinende den Kopf. Der vermeintliche Watschnmann Mixa geriet zudem in den Sog der gärenden Debatte um sexuellen Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen. Und immer wieder wurde der Vergleich zur evangelischen Bischöfin Margot Käßmann gezogen. Ihr rascher Rücktritt nach einer Alkoholfahrt wurde instrumentalisiert, um auch vom Augsburger Bischof Konsequenzen zu verlangen.

Margot Käßmann setzte Maßstäbe

So wurde Mixa das Opfer einer öffentlichen Gestimmtheit, die Verfehlungen hoher Kirchenleute nicht mehr hinzunehmen bereit ist. Käßmann setzte Maßstäbe. Sie sagte: Ich räume den Fehler ein und gehe. Mixa hätte sagen können: Ich räume den Fehler ein und bleibe. Er wäre geblieben. Mixa ist vor allem Opfer seiner selbst und seiner Selbstgerechtigkeit geworden. Mag er im persönlichen Umgang noch so sympathisch sein, allzu gerne gerierte er sich als "Fürstbischof" und war weder vor falschen Freunden noch vor fragwürdigen Einflüsterern wie dem katholischen Medienmogul Dirk Hermann Voß gefeit.

Reflexhaft wurde in den vergangenen Tagen der Vorwurf laut, gegen den Augsburger Bischof werde von interessierter Seite eine "Kampagne" gefahren. Doch das mediale Trommelfeuer hätte es nie gegeben, wäre Mixas harsche Reaktion zu Beginn nicht gewesen. Schnell erweckte er den Eindruck: Da schwimmen einem die Felle davon. Schon bei seinem martialischen Bekenntnis "Ich habe ein reines Herz" war Beobachtern klar, dass diese Geschichte für den Geistlichen nicht gut ausgehen konnte.

"... zu denen ich ungerecht gewesen sein mag"

Eine rechte Einsicht lässt Mixa selbst in seinem Scheitern nicht erkennen. Im Rücktrittsschreiben an den Papst bittet er all jene um Verzeihung, "zu denen ich ungerecht gewesen sein mag". Eine blumige, höchst ärgerliche Formulierung. Immerhin schließt die Bitte im Nachsatz auch jene ein, "denen ich Kummer bereitet habe. Diesen Kummer hätte Mixa den Schrobenhausener Heimkindern, seiner katholischen Kirche, sich selbst und uns allen ersparen können.


Bernd Buchner ist Redakteur bei evangelisch.de und zuständig für die Ressorts Politik und Religion.