Schon der Mönch Martin Luther hat die kostbaren Mittelalter-Fenster in der Erfurter Augustinerkirche vor Augen gehabt. Knapp 700 Jahre nach ihrer Entstehung müssen die 150 kostbaren Scheiben jedoch dringend saniert werden: Hitze, Kälte und Luftverschmutzung hinterließen Spuren und bedrohen die Malereien. Bis Ende Mai würden die vier riesigen Fenster ausgebaut, sagte Kurator Lothar Schmelz vom Evangelischen Augustinerkloster Erfurt am Mittwoch.
Einzigartiger Fenster-Bestand
Rund 550.000 Euro werden die aufwendigen Sicherungsarbeiten an den farbintensiven Scheiben voraussichtlich kosten und drei Jahre dauern. Bund und Land Thüringen hätten Unterstützung signalisiert. Von den etwa 130.000 Euro, die die Kirche selbst aufbringen muss, seien bereits 55.000 Euro beisammen. "Ich habe meine Bettelmönch-Art wieder walten lassen", sagte Schmelz verschmitzt in Anspielung auf die Augustinermönche, die einst in dem Kloster lebten. Jeweils 20.000 Euro haben die Sparkasse Mittelthüringen und die Edith-Haberland- Wagner-Stiftung beigesteuert.
"Der Fenster-Bestand ist einzigartig", schwärmte Restauratorin Kathrin Rahfoth, die zusammen mit Nicole Sterzing die Scheiben ausbaut und sie dann für ein Restaurierungskonzept noch einmal unter die Lupe nehmen wird. In den Fenstern entdeckten sie Reste des mittelalterlichen Bleiglasnetzes, eine absolute Rarität. Bei ähnlich alten Glasmalereien wie im Erfurter Dom wurde das Blei bei früheren Restaurierungen ersetzt. Eines der Klosterfenster erzähle die Lebensstationen des wichtigen Kirchenlehrers der Spätantike Augustinus. Ein Schmuckstück ist auch das Löwen- und Papageienfenster mit einer roten Rose, die der Reformator Martin Luther später für sein Familienwappen auswählte.
Bisherige Schutzverglasung verursacht Schäden
Bereits seit Ende 2008 wurde mit Sensoren über ein Jahr lang das Klima in der Kirche und an den Fenstern gemessen. Dabei stellten die Experten fest, dass die Schutzverglasung von 1983, die eigentlich die Unikate vor Umwelteinflüssen schützen sollten, weitere Schäden verursachten. So fanden die Restauratorinnen neben Korrosionsschäden und abblätternden Malschichten an einem Fenster auch Schimmelpilze. Wie diese bekämpft werden können, muss nach genauer Analyse noch geklärt werden.
Die Besucher der einstigen Wirkungsstätte Martin Luthers müssen jedoch nicht völlig auf den ursprünglichen Eindruck der Klosterkirche verzichten. Nach Fotografien werden bis Oktober Attrappen - Farbfolien auf Glas - hergestellt und in die Rahmen eingebaut.