Girls' Day wirbt seit zehn Jahren bei Mädchen für "Männerberufe"
Beim Girls' Day haben Mädchen die Möglichkeit, in technische Berufe hineinzuschnuppern. Denn gerade hier herrscht ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Und obwohl Mädche die bessen Schulabschlüsse machen, sind sie in technischen Berufen noch immer unterrepräsentiert.

Michaela und ihre Freundinnen waren skeptisch, als ihr Lehrer sie zur Teilnahme am Girls' Day einlud. Die Aussicht, sich in einem Unternehmen über technische Berufe zu informieren, reizte die Neuntklässlerinnen zunächst wenig. "Wieso sollten ausgerechnet uns Mädchen Berufe vorgestellt werden, die angeblich nur Männer ausüben?" fragte sich Michaela. Doch als sie etwa eine Woche später sah, wie am Computer 3D-Modelle von Armaturen entstehen, war sie fasziniert. Heute studiert die junge Frau Maschinenbau und Design.

Michaela ist eines von rund 900.000 Mädchen, die am Girls' Day in technische Berufe hineinschnupperten, seit die Aktion vor zehn Jahren startete. Auch an diesem Donnerstag nehmen wieder Zehntausende teil. Ziel des Projektes ist es, mehr Mädchen für Berufe mit geringem Frauenanteil zu interessieren. Gestartet wurde die Aktion vor zehn Jahren vom Bundesbildungsministerium, dem Deutschen Gewerkschaftsbund und der Initiative für Informations- und Kommunikationstechnologie D21. Inzwischen wird das Projekt auch vom Bundesfamilienministerium gefördert und zudem von Arbeitgebern und Industrie unterstützt.

Der Mädchen-Tag, der jährlich am vierten Donnerstag im April stattfindet, begann 2001. Damals gaben 39 Unternehmen, Behörden und Forschungseinrichtungen Schülerinnen einen Tag lang Einblick in ihre Arbeit. In diesem Jahr erwarten die Veranstalter die höchste Beteiligung bisher: "Wir werden mit rund 9.500 Veranstaltungen einen neuen Rekord aufstellen", freut sich Carmen Ruffer vom Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit, das den Girls' Day organisiert. Auch werde die Einmillionengrenze der teilnehmenden Schülerinnen überschritten.

Unternehmen suchen qualifizierte Arbeitskräfte

Vor dem Start hatten sich verschiedene Frauen-Technik-Netzwerke, wie etwa der Deutsche Ingenieurinnenbund, für den Girls' Day stark gemacht. Sie bemängelten, dass Mädchen zwar durchschnittlich die besseren Schulabschlüsse machen, aber in technischen Berufen völlig unterrepräsentiert sind. Immer mehr Unternehmen interessierten sich für das Projekt, weil sie zunehmend Probleme hätten, qualifizierte Arbeitskräfte im technischen Bereich zu finden, sagt Ruffer.

So zum Beispiel die Robert Bosch GmbH, die jährlich 180 Mädchen zum Girls' Day einlädt. Die Firma ist stolz auf einen Frauenanteil von 30 Prozent in der technisch-gewerblichen Ausbildung. "Hierzu hat der Girls' Day einen erheblichen Beitrag geleistet", sagt Ausbilderin Sabine Köbrich. Ziel sei es, den Frauenanteil weiter zu steigern, weil er sich positiv auf die betriebliche Entwicklung auswirke.

Auch viele andere Arbeitgeber schätzten die Aktion, um weibliche Arbeitskräfte anzuwerben, sagt Andrea Köhnen vom Bundesfamilienministerium. Zehn Prozent der beteiligten Firmen beschäftigten ehemalige Girls' Day-Teilnehmerinnen in technischen Berufen. Vielen Unternehmen sei durch die Aktion bewusst geworden, dass sie gezielt etwas dafür tun müssten, um gut qualifizierte weibliche Fachkräfte zu gewinnen, stellt Köhnen fest. "Je öfter ein Unternehmen am Girls' Day teilgenommen hat, desto ausgeprägter sind die Gleichstellungsmaßnahmen im Betrieb."

Image technischer Berufe verbessert

Auch im Bewusstsein der Mädchen habe sich seit Beginn der Aktion etwas verändert, sagt Ruffer. Das Image technischer Berufe habe sich bei Schülerinnen deutlich verbessert. So beurteilen laut Umfragen des Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit inzwischen nur noch fünf Prozent der Mädchen technische Berufe als langweilig. 2004 waren es noch zehn Prozent.

Etwas nüchterner fällt die Bilanz von Angelika Puhlmann vom Bundesinstitut für Berufsbildung aus: "Trotz Girls' Day ist der Anteil von Mädchen in technischen Berufen in den vergangenen Jahren kaum gewachsen." Dennoch sei die Aktion sinnvoll, weil sie eine breite Öffentlichkeit für das Thema geschaffen habe. Und immerhin wäre der Berufsweg mancher Schülerin ohne den Girls' Day ganz anders verlaufen.

Das kann die heute 22-jährige Michaela bestätigen: "Ich bin total froh, beim Girls' Day mitgemacht zu haben, sonst hätte ich nie meinen Traum-Studiengang gefunden."

epd