Horst A. war im vergangenen Sommer mit einer Maschinenpistole in das Bielefelder Gemeindezentrum der Glaubensgemeinschaft eingedrungen. Dort wollte er nach Überzeugung des Gerichts möglichst viele Menschen töten. Ein Blutbad habe es nur deshalb nicht gegeben, weil er Schwierigkeiten beim Durchladen der Waffe hatte.
Als Motiv für die fehlgeschlagene Tat nannte das Gericht "bestialischen Hass" auf die Zeugen Jehovas. Die Tochter des Mannes hatte sich gegen seinen Willen in der Schweiz den Zeugen Jehovas angeschlossen, und das habe er nie verwunden, sagte Richterin Jutta Albert in der fast einstündigen Urteilsbegründung (Az.: 10KS 46Js 284/09-27/09). Der 83-Jährige habe von den 81 versammelten Gläubigen so viele wie möglich töten wollen, befand das Gericht. Weil er 39 Schuss Munition dabei hatte, wurde er des versuchten Mordes in 39 Fällen schuldig gesprochen.
Lang geplante Mordabsicht
Der Angeklagte hingegen hatte beteuert, er habe die Waffe im Wald gefunden und mit der spektakulären Aktion auf eine Gefährdung der Zeugen Jehovas durch Islamisten hinweisen wollen. Das Gericht glaubte dem ehemaligen Maurer und Justizbeamten nicht. Diese Begründung müsse man "der Rubrik Roman zuschreiben", sagte die Richterin.
Der Mann aus Halle/ Westfalen hatte in einem Manuskript ausführlich dargelegt, warum er die Zeugen Jehovas hasse. Demnach sei er seit dem Übertritt seiner Tochter zu der umstrittenen Glaubensgemeinschaft im Jahr 1968 voller Rachegedanken gewesen. Er habe dann vor einigen Jahren den Kontakt zu den Zeugen Jehovas gesucht, um sie auszuspionieren und ihre Arglosigkeit auszunutzen.
Sein Gesundheitszustand werde immer schlechter und darum bereite er sich auf den "Tag" vor, "noch in diesem Jahr", schrieb der 83-Jährige in dem Brief. Zudem beschrieb er ausführlich, wie er sich illegal die Waffe und drei Munitionsmagazine besorgte. Vor Gericht bezeichnete der Angeklagte die Aufzeichnungen als Notizen für einen Roman mit autobiografischen Elementen.
"Einen Alptraum zur Realität gemacht"
Das Schwurgericht sah es als erwiesen an, dass sich der Rentner aus Hass auf die Zeugen Jehovas illegal die Waffe besorgt und den Überfall von langer Hand geplant habe. Er habe sich maskiert und mit der Waffe auf Menschen gezielt. Damit habe er für die 81 anwesenden Zeugen Jehovas "einen Alptraum zur Realität" gemacht, sagte die Richterin.
Der Täter war von Gemeindemitgliedern überwältigt worden. Ein Teilnehmer hatte im Vorraum der Versammlung den bewaffneten und mit Sturmhaube maskierten 83-Jährigen entdeckt und warnte die Gemeindeversammlung. Daraufhin flüchteten die versammelten Menschen durch Notausgänge. Bei dem Festgenommen fand die Polizei außer der Maschinenpistole drei gefüllte Magazine, ein Messer und ein Samuraischwert.
Warum sich an dem Abend des 30. Juli 2009 im Gemeindehaus der Zeugen Jehovas kein Schuss löste, blieb ungeklärt. Die Waffe war nach Angaben eines Waffenexperten der Polizei grundsätzlich voll funktionstüchtig. Möglicherweise hätten Horst A. die Handschuhe behindert, die er trug.