Vulkan stürzt Flieger ins Chaos: Flugverbot verlängert
Das Chaos im europäischen Luftverkehr dauert an. Die Deutsche Flugsicherung verfügte, das weitgehende Flugverbot mindestens bis Montag um 20 Uhr zu verlängern.

Die riesige Wolke aus Vulkanstaub bremst den Luftverkehr in Deutschland und großen Teilen Europas weiter aus. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) verlängerte das weitreichende Flugverbot nach einer kurzen Lockerung am Sonntag. Es gilt und mindestens bis um 20 Uhr an diesem Montag. Die Asche des islandischen Vulkans am Eyjafjalla-Gletscher sei nach wie vor gefährlich für Flugzeuge, sagte eine DFS-Sprecherin.

In Österreich sind ab 5.00 Uhr wieder Starts und Landungen erlaubt. Ursprünglich sollte der österreichische Luftraum erst wieder um 6.00 Uhr freigegeben werden. Der britische Luftraum bleibt bis 19.00 Uhr (Ortszeit/20.00 Uhr MESZ) gesperrt.

Seit Donnerstag sehen sich Fluggäste mit massiven Behinderungen konfrontiert. Zehntausende Flüge sind ausgefallen. Viele Passagiere sitzen in der Fremde fest oder kommen nicht an ihr Reiseziel. Viele versuchten, mit Bussen und Bahnen oder Taxis und Mietwagen an ihr Ziel zu kommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Sonntag von einer USA-Reise nach Berlin zurückkehrte, erreichte die Hauptstadt erst nach Zwischenstopp in Lissabon und langer Autofahrt aus Rom.

Testflüge ohne Probleme

Die Fluggesellschaften dringen immer heftiger auf eine Öffnung des Luftraums. Der Stillstand verursacht ihnen Schäden in dreistelliger Millionenhöhe. Testflüge seien problemlos verlaufen, betonen Manager und Piloten. Die DFS sieht sich aber an internationale Vorschriften zu Vulkanausbrüchen gebunden. Auch Politiker und Meteorologen wollen auf Nummer sicher gehen. Und der Vulkan spuckt weiter Asche.

"Sicherheit muss höher gewichtet werden als Geschäftsinteressen", sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) am Sonntagabend in München. "Solange noch Zweifel an der Sicherheit des Luftverkehrs bestehen, werde ich keine Flugfreigabe erteilen."

Die Lufthansa, ihr größter deutscher Wettbewerber Air Berlin und andere Fluggesellschaften erklärten nach Testflügen, diese seien ohne Probleme verlaufen. Die Aschewolke gefährde Flugzeuge nicht. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Hans Heinrich Driftmann, forderte eine Aussetzung des Nachtflugverbots. So könne sich der Luftverkehr nach einem Abzug der Asche schneller normalisieren, sagte Driftmann der "Frankfurter Rundschau" (Montag).

Krisenbewältigung durch europaweite Abstimmung

Die DFS ließ am Sonntag nur für wenige Stunden eingeschränkt Flüge von ausgewählten Flughäfen zu. Die Experten fürchten, dass die Asche die Triebwerke der Flugzeuge beschädigen könnte. Derzeit hält eine stabile Wetterlage die Asche aus Island in rund 8.000 Metern Höhe über großen Teilen Europas. Erst starker Wind oder Regen könnten den Staub verwehen oder aus der Luft waschen.

Auf dem größten deutschen Airport in Frankfurt, wo normalerweise täglich 1.300 Starts und Landungen gezählt werden, hoben nach Angaben der Betreibergesellschaft Fraport am Sonntag lediglich sechs leere Maschinen ab. Zudem seien 16 leere Maschinen gelandet. In Berlin blieben die Flughäfen bis Mitternacht geöffnet.

Die deutschen Flughäfen forderten eine europaweite Abstimmung bei der Krisenbewältigung. "Es ist dringend erforderlich, dass europaweit geltende Lösungen gefunden werden. Die deutschen Flughäfen erwarten von den europäischen Verkehrsministern, dass sie sich umgehend auf einheitliche Verfahren bei der Sperrung des Luftraums verständigen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbands ADV, Ralph Beisel.

Spanien: EU-Entscheidung soll Luftfahrt-Chaos lindern

Europa will gemeinsam einen Weg aus dem Luftfahrt-Chaos nach dem Vulkanausbruch auf Island finden. "Es wird eine europäische Entscheidung in dieser Sache geben", sagte Spaniens Staatssekretär für Europapolitik, Diego López Garrido, am Sonntag in Brüssel. Spanien hält derzeit den EU-Ratsvorsitz.

Wie Garrido weiter sagte, will sich die EU auf eine neue Methode einigen, mit der die Gefahr der Aschewolke beurteilt wird. Bisher richten sich die Mitgliedstaaten nach Vorgaben des Beratungszentrums für Vulkanasche in London, das seine Vorhersagen am Computer berechnet und dafür auf Daten von anderen Kontinenten zurückgreift. "Es ist klar, dass wir so nicht weitermachen können", sagte Garrido.

Der Kompromiss solle bei einem Treffen am Montag in Brüssel beratschlagt werden, das um 17 Uhr beginnt. "Es geht darum, eine akkuratere und konkretere Lösung für die Einschätzung der tatsächlichen Gefahr zu finden", sagte Garrido.

Bei dem Treffen - an dem die EU-Kommission, die Luftsicherheitsbehörde Eurocontrol, die spanische Ratspräsidentschaft und Experten aus den betroffenen Staaten teilnehmen - sollen auch die Ergebnisse bisheriger Probeflüge berücksichtigt werden. Unter anderem hatte die Lufthansa am Wochenende Maschinen aufsteigen lassen - nach eigenen Angaben ohne eine Beeinträchtigung festzustellen.

Aus Luftfahrtkreisen verlautete unterdessen, dass nach einigen Fluggesellschaften auch der Flugzeugbauer Airbus einen Testflug starten wolle. Dazu solle der Super-Airbus A380 an diesem Montag in Toulouse abheben, hieß es. Die europäischen Verkehrsminister wollen außerdem am Montag in einer Videokonferenz über die aktuelle Lage sowie mögliche Folgen beraten.
 

dpa